Opel Corsa, Renault Clio, Skoda Fabia, VW Polo & Ford Fiesta Test I: fünf Kleine rittern um den Thron
Klein sind eigentlich nur ihre Abmessungen, in allen anderen Disziplinen – ob bei der Effizienz, der Raumökonomie, der Wendigkeit oder den Verkaufszahlen – sind sie ganz groß: die fünf Kleinwagen, die wir zu unserem Vergleichstest gebeten haben. Doch welcher Kleine ist der Größte? Dieser Frage werden wir in unserem zweiteiligen Test auf den Grund gehen.
Raumangebot & Kofferraum: wie viel haben die Kleinen zu bieten?
Im ersten Teil wollen wir dabei ein genaues Auge auf das Raumangebot und die Innenraumgestaltung der Kleinwagen werfen. Wobei: Klein sind die fünf ja eigentlich nicht mehr. Der längste unter ihnen, der Renault Clio, ist zum Beispiel 4,06 Meter lang und damit länger als ein VW Golf III, der Anfang der 1990er die Kompaktklasse beherrschte. Doch die Zeiten ändern sich und die über die Jahre gewachsenen Abmessungen haben ihre Vorzüge, insbesondere beim Platzangebot. Und womit können unsere fünf Kandidaten hier aufzuwarten?
Beginnen wir mit dem kleinsten im Quintett, dem 3,97 Meter langen Ford Fiesta. Der schluckt vier ausgewachsene Erwachsene ohne Probleme und bietet im Fond nach dem Corsa sogar den größten Freiraum für Beine und Knie; die fein gepolsterten Sitze steigern zudem den Sitzkomfort. Gerade in dieser Beziehung schwächelt der bereits lobend erwähnte und eben in der neuesten, der fünften Generation vorgestellte Opel Corsa – insbesondere hinten sitzen wir fast so hart wie auf einer Holzbank. Das ist insofern besonders schade, da der Corsa – mit 4,03 Metern das zweitlängste Auto im Test – vorne wie hinten so viel Platz bietet wie kaum ein anderer in der Kleinwagenklasse. Dass die Länge indessen nicht alles ist, beweist der nächste Proband, der Renault Clio. Er ist zwar fast zehn Zentimeter länger als der Fiesta, trotzdem bietet er im Fond weniger Bein- und Kopffreiheit. Fahrer und Beifahrer dürfen sich dagegen am breitesten Cockpit erfreuen.
Fehlen noch die beiden Brüder aus dem VW-Konzern, der Skoda Fabia und der VW Polo. Wer da mehr zu bieten hat, sollte eigentlich klar sein, möchte man meinen. Aber nein, der Tochter-Fabia hängt den Mutter-Polo zumindest in dieser Wertung ab. Aus dem modularen „Wunder“-Baukasten von VW hat Skoda einen nagelneuen Fabia gefertigt, der um fast zehn Zentimeter breiter und dementsprechend geräumiger geworden ist. Auch Beinen und Köpfen mangelt es nicht an Freiheiten, und mit den feinen Sportsitzen für wohlfeile 190 Euro passt auch der Sitzkomfort. Der Polo hat für seine Fond-Passagiere spürbar weniger Platz übrig als der Tscheche, und vorne stören die beiden A-Säulen das an sich großzügige Raumgefühl.
Zum Schluss unserer Tour durch Raum und Zeit legen wir nun noch im Heck das Maß an – und dabei offenbaren sich teils erstaunliche Details. Der große Meister der Kleinwagenklasse bspw., der VW Polo, bietet den kleinsten Kofferraum des Quintetts: lediglich 280 bis 952 Liter passen ins Heck des Wolfsburgers; ein ähnlich kleines Volumen bietet mit 290 bis 974 Litern nur der Ford Fiesta. Die drei anderen Kleinwagen schreiben bei umgelegter Rückbank hingegen alle vierstellig an: der Opel Corsa schluckt 285 bis 1.120, der Clio 300 bis 1.146 Liter, schwächelt allerdings beim Ladeboden, der recht uneben ist. Ohne Fehl und Tadel präsentiert sich hingegen der Stauraum des neuen Fabia. Obwohl er nur zwei Zentimeter länger ist als sein großer Bruder, packt der Tscheche ganze 330 bis 1.150 Liter weg.
Multimedia & Materialqualität: hohe Klassen-Ansprüche
Platz bieten die Kleinen also genug, die einen mehr, die anderen weniger. Gerade Kleinwagen müssen aber mehr können: sie müssen heutzutage auch hip sein, und wer hip sein will, der muss mit der Zeit gehen. Kein Wunder, dass es in den Produktbroschüren an allen Ecken und Enden „neudeutschelt“: Infotainment, Connectivity, Mirrorlink, hier eine App und da eine App. Das hört sich alles wunderbar an – doch funktionieren die Infotainment-System auch? Und wie sieht es mit der Verarbeitung aus?
Beginnen wir beim Fiesta. Der hat zwar ein zeitgemäßes Infotainment-System, das aber kostet gut 1.600 Euro und macht dafür viel zu viele Umstände. Außerdem ist die Mittelkonsole auch nach der Modellpflege noch überladen, dafür aber präsentiert sich der Innenraum insgesamt in feineren Materialien. Nächster Halt: der Renault Clio. Der kleine Franzose setzt – wie beim Preis – ganz auf Reduktion und übt sich innen in moderner Zurückhaltung, eine Grundhaltung, die auch der Bedienung zu Gute kommt.
Opel hingegen hat beim nagelneuen Corsa nicht gespart und hochwertigere Materialien verbaut als beim Vorgänger. Dazu gibt es neue Instrumente und ein modernes Multimediasystem, das aus dem ultrahipen Adam stammt und hier wie dort durch seine intuitive Bedienbarkeit besticht. Der neue Fabia setzt innen indessen auf sauber verarbeitete, aber eine nicht wirklich betörende Hartplastik. Auch beim Infotainment gibt es im Tschechen solide Alltagskost – und nicht mehr. Das eröffnet dem Polo die Chance, mit seinem ausgesprochen hochwertig bestückten und verarbeiteten Innenraum zu glänzen – und hier einmal mehr den Kleinwagenstandard zu setzen. Seit der Modellpflege mischt der Polo dabei endlich auch in Sachen Multimedia ganz vorne mit.
Zwischenfazit: Bisher sieht es so aus, als müsste der VW Polo um seinen Kleinwagenthron erstmals richtig kämpfen. Die Konkurrenz, nicht zuletzt die aus dem eigenen Haus, hat aufgeholt. Ob sie den Wolfsburger schon überholt hat, klären wir im zweiten Teil, in dem wir die fünf Kleinen von der Leine lassen.
Zum zweiten Teil: Opel Corsa vs. Renault Clio, Skoda Fabia, VW Polo & Ford Fiesta Test Vol. 2