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VW Golf R Test: wilder W(G)olf im Schafspelz?

Der VW Golf ist, daran besteht kein Zweifel, der Deutschen Auto-Liebkind. Liebe Kinder aber sind brav, angepasst – und langweilig. Für die Aufmüpfigen unter uns gibt es seit 1976 deshalb den Golf GTI, und noch wilder treiben es seit 1989 die Golfmodelle mit dem R im Namen. Die haben im vergangenen November Nachwuchs bekommen. Wie umtriebig der neue Golf R ist, zeigt unser Test.

Golf R: Beeindruckende Basisdaten

VW Golf R 2013Eigentlich sollte an dieser Stelle ein gediegener Spannungsbogen ansetzen, der allmählich vom Allgemeinen zum Außergewöhnlichen führt. Nach dem Durchstöbern der Technischen Daten aber konnten wir unsere Neugier nicht länger zügeln und haben unsere Nase direkt unter die Motorhaube des VW Golf R gesteckt. Denn dessen Motor hat zwar 2 Zylinder verloren aber 30 PS zugelegt. Wie das den Wolfsburgern gelungen ist? Dank technischer Raffinesse, lautet die Antwort. So wurde die Basis, das GTI-Aggregat, mit verfeinerten Kolben, einer variablen Ventilsteuerung, einem dualen Einspritzsystem (Saugrohr- und Direkteinspritzung), einem aufgepeppten Turbolader und einer wassergekühlten Abgasführung versehen. Und so schöpft der 220 PS starke GTI-Motor jetzt 300 PS (221 kW) – und zwischen 1.800 und 5.500 U/min 380 Nm Drehmoment aus seinen vier Zylindern und 1.984 cm³ Hubraum.

VW verspricht damit eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 5,3 Sekunden, mit dem 1.825 Euro teuren 6-Gang-DSG sogar in 4,9 Sekunden; das wäre gut eineinhalb Sekunden schneller als der GTI Performance.

Knorriger Sound, knackiger Antritt

Unsere Neugier kommt demnach nicht von ungefähr, der erst Blick auf den 4-Zylinder-Turbkraftprotz jedoch ist eine Enttäuschung, so brav und bieder sieht er aus. Bei Motoren aber geht es nicht ums Aussehen, sondern um Leistung. Also Deckel drauf, Schlüssel rein und Gas an. Die Töne, die wir dann aus dem Motorenraum vernehmen, klingen schon eher nach einer rassigen Rennmaschine. Unerwartet voluminös und kernig wummert der neue Vierzylinder – ein Klang, in den die Ingenieure aus Wolfsburg viel Zeit, Arbeit und Technik investiert haben. Der Aufwand hat sich gelohnt, nicht nur im Leerlauf, sondern insbesondere dann, wenn das 300-PS-Aggregat von der Leine gelassen wird. Ab 3.900 Touren etwa öffnen sich zusätzlich die Abgasanlagen-Klappen, um dem Röhren eine Nuance Urgewalt hinzuzufügen.

VW Golf R 2013 hintenZur Kraftentfaltung und Spritzigkeit selbst ist mit den zitierten Beschleunigungswerten eigentlich schon fast alles gesagt: Der Golf R stürmt in allen Lebenslagen begierig voran und wird erst bei Tempo 250 von der Elektronik gedrosselt. Zu ergänzen wäre noch, dass die Haldex-Kupplung (5. Generation) des serienmäßigen Allradantriebs für konstant guten Grip sorgt, indem sie das wuchtige Drehmoment vollständig variabel auf die beiden Achsen verteilt. Assistieren darf dabei ab Werk eine knackige 6-Gang-Handschaltung – oder gegen Aufpreis die bereits erwähnte wieselflinke Automatik.

Zum Abschluss des Motorenkapitels werfen wir noch einen Blick auf die Benzinuhr und zur Konkurrenz: Volkswagen verspricht – je nach Getriebe – einen Verbrauch von 6,9 bis 7,1 Liter (159–165 g Kohlendioxid/km), nach unserem Test stehen allerdings 10,1 Liter auf der Uhr. Hätten wir dem 4-Zylinder-Turbo durchwegs die Sporen gegeben, hätten es ohne Weiteres auch 15 Liter sein können.

Mit dem Durst eines Oktoberfest-Original ist der Golf R jedoch nicht allein in seiner Klasse, eben so wenig wie mit seiner Leistung. BMW liefert seinen 1er etwa mit dem 320 PS starken M135i aus, der auf einen Liter mehr Hubraum und zwei Zylinder mehr baut – und noch etwas mehr Superbenzin schlürft. Den Titel des nominell stärksten Vierzylinders muss der Golf R an den Mercedes A45 AMG abgeben, der saftige 360 PS in die Waagschale wirft. Beim Sprint auf Tempo 100 holt er so 3 Zehntel Vorsprung heraus, dafür allerdings auch rund einen Liter mehr Kraftstoff aus dem Tank.

Fahrdynamik und Innenleben

Vor lauter Begeisterung über den Motor hätte wir es jetzt bald verabsäumt, die anderen Werte des VW Golf R zu berichten. Zunächst steht der rassige Golf auf recht steif gefederten Beinen, besser gesagt 18-Zoll-Reifen auf Leichtmetallfelgen. Das gilt wohlgemerkt für den Comfort-Modus des adaptiven Fahrwerks, das Unebenheiten recht ruppig begegnet. Noch härter wird es, wenn wir in den Race-Modus wechseln, indem sich das ESP jetzt ganz stilllegen lässt. Das aber empfiehlt sich nur auf abgesperrten Rundkursen, auf öffentlichen Straßen zieht der Golf R – geführt von der neuen Progressivlenkung – auch so messerscharf ums Eck.

Und sonst? Ansonsten gibt es viele Golftugenden wie das reichhaltige Raumangebot, die intuitive Bedienung und ein recht üppiges Kofferraumvolumen (343 Liter 1.233 Liter). Verfeinert wurden die bekannten Tugenden jedoch mit zahlreichen Racing-Details wie bspw. den stylischen Carbon-Einlagen.

Fazit: Der neue VW Golf R ist kein fader Opportunist, sondern ein wilder Hund: mit rassigem Antrieb, scharfem Interieur und einer herrlich unangepassten Abstimmung. Bei MeinAuto.de gibt es ihn ab 30.758 Euro (3-Türer), d.h. 7.917 Euro bzw. 20,66% günstiger als gelistet. (nau)

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