Mercedes EQC im Test: So fährt sich der erste Vollzeit-Stromer aus Stuttgart
Er will der Benz unter den Elektrofahrzeugen sein, der Mercedes-Benz EQC, das erste Elektrofahrzeug der Stuttgarter. Erfahrung mit Stromern hat Mercedes schon gesammelt: der kleine Smart der gleichnamigen Tochter stromert auf Wunsch seit 2017. Doch lassen sich die Erkenntnisse mit dem Mini auf ein 4,76 Meter langes Elektro-SUV ummünzen – und kommt das gegen den Audi e-tron an? Unser Test kennt die Antworten.
Inhalte des Testberichts zum Mercedes EQC:
EQC: elektrisierende Qualität auf Basis des C-Klasse-SUV GLC?
Nach langer Zurückhaltung gehen jetzt auch die deutschen Premium-Hersteller mit sportlich-stattlichen Elektroautos ans Netz. Audi war mit dem e-tron, einem 4,9 Meter langen SUV-Riesen, der erste; seit März 2019 rollt das Modell zu den Kunden. Mercedes hat sein 4,76 Meter langes Elektro-SUV im Herbst 2018 vorgestellt – Mitte 2019 hat die Auslieferung begonnen. Der Audi e-tron war also der erste und bis dato liegt er auch in der Kundengunst vorne. Im Jahr 2020 sind bisher knapp 6.500 Exemplare des Ingolstädter BEV zugelassen worden; das Mercedes-Pendant zählt knapp 1.800 Zulassungen. Konkurrenz machen dem EQC auch andere Modelle: der Jaguar I-Pace bspw., der XC 40 Elektro von Volvo – und nicht zuletzt auch das nagelneue Modell Y von Tesla. Der “Mercedes-Benz unter den Elektrofahrzeugen” kann allerdings nur einer sein. Doch ist er auch so gut oder gar besser als die anderen? Was die Fahrleistungen betrifft, spielt der Mercedes EQC auf jeden Fall in derselben Liga. Der Tesla Y schiebt mit bis zu 331 kW an, der Audi e-tron in der regulären Ausführung mit maximal 300. Und der EQC? Mercedes entlockt den beiden EQC-Asynchronmaschinen genauso viele kW bzw. PS.
Der EQC 400 4Matic leistet 300 kW bzw. 408 PS und 760 Nm (Kraftstoffverbrauch kombiniert NEFZ/WLTP: 21,5/22,6 kWh auf 100 km, 0 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse A+). Die zwei Elektromotoren sind jeweils das Herzstück der zwei elektrischen Antriebsstränge (eATS): der vordere kümmert sich um die Mittellast, der hintere um die Dynamik. Beide Antriebsstränge sind komplette Neuentwicklungen und haben mit dem Strang des Smart EQ wenig gemein; die Bauart des Elektromotors ist ebenfalls eine andere. Der Asynchronmotor verlangt nach einer komplexeren Steuerungs-Elektronik und nach einer leistungsfähigeren Technologie. Letztlich aber überwiegen die Vorteile: Die asynchrone E-Maschine ist robuster, leistungsfähiger und verschlingt weniger rare Ressourcen; sie braucht keinen Permanentmagneten mit seltenen Erden. Die zwei EQC-Antriebe sind demnach höher entwickelt als der des Smart – jenen des e-tron sind sich jedoch nicht voraus. Das Audi-E-Crossover nutzt dieselbe Bauart.
Super sportlich, aerodynamisch & flüsterleise
Und wie sieht es mit der Leistungsfähigkeit aus? Der EQC stürmt mit seinem elektrischen Allradantrieb – trotz eines exorbitanten Leergewichts von 2.495 Kilo – wie ein Sportwagen davon: nach knapp 5 Sekunden fahren wir, breit grinsend, bereits mit Tempo 100. Bis 180 km/h hält das Grinsen an, dann bremst Mercedes das BEV, das batterieelektrische Vergnügen, ein. Noch mehr Spaß dürfte es EQC-Fahrern bereiten, beim Beschleunigungsduell den Audi e-tron bald im Rückspiegel zu erblicken: er benötigt für den 0-100-Sprint 5,7 Sekunden. Seine Maschine hat weniger Drehmoment und muss gut ein Zentner mehr Gewicht der Trägheit entreißen. Den längeren Atem aber hat der Ingolstädter: er darf 200 Stundenkilometer schnell fahren. Gerade bei hohem Tempo aber kann man der Batteriestands-Anzeige zusehen, wie sie fällt und fällt. Mercedes hat dem EQC deshalb eine ausgefeilte Aerodynamik verpasst – und mit ihr die Windschlüpfrigkeit auf einen cw-Wert von 0,27 bis 0,29 gedrückt. An der Stirnfläche ändert die aerodynamische Form leider nichts: die ist bei einem mit Spiegeln fast 2,10 Meter breiten und 1,62 Meter hohen Auto einfach beträchtlich. Für die Effizienz ist die große Stirnfläche natürlich Gift.
Ein Gegenmittel, das man in Stuttgart entwickelt hat: Bei geringer Last läuft nur der vordere Antriebsstrang. Ein zweites ist eine engagierte Rekuperation, sprich eine ausgiebige Energierückgewinnung. Sie wird einerseits von einem raffinierten Energiemanagement-System gesteuert. Andererseits können wir als Fahrer über verschiedene Fahrprogramme oder die Schaltwippen am Lenkrad steuernd eingreifen. Mit dem rechten Paddle stellen wir die Rekuperation bspw. auf scharf: bis zur Stellung “D – –“. Das entspricht dann dem Ein-Pedal-Fahren, bei dem die Bremswirkung der Rekuperation meist zum Verzögern ausreicht. Dass wir fleißig rekuperieren, zeigen uns die gläsernen Rundinstrumente übrigens farblich an: mit dem Farbton “Electric Blue“. Als drittes Gegengift gegen Effizienzbeschwerden setzt Mercedes auf den “ECO Assistent“. Er nutzt die Macht von “big data” und versucht, mithilfe unzähliger Informationen die Reichweite zu erhöhen. Letztendlich aber entscheidet die Kapazität des Akkus über die Reichweite. Die im Karosserieboden verstaute Batterie des EQC fasst 80 kWh und wiegt stolze 650 Kilo.
EQC: mäßig effizient trotz großer Effizienzanstrengungen
Trotz all dieser Anstrengungen offenbart unser Test jedoch: der Mercedes EQC ist kein Effizienz-Musterschüler. Der reale Verbrauch – im Alltag und inklusive Ladeverluste – liegt deutlich über dem angegebenen Normwert: bei fast 28 kWh im Schnitt und in der City bei rund 23 kWh. Von den rund 450 Kilometern NEFZ-Reichweite kann in der Praxis keine Rede sein. Im Durchschnitt schaffen wir 350 Kilometer, bei kühlen Temperaturen nur gut 300; in der Stadt im Schongang mit Ach und Krach 400. Kein Wunder, dass der ADAC dem EQC in seinem Eco-Test nur drei von fünf Sternen verleiht. Beim Laden findet das E-Crossover aus Stuttgart aber allmählich wieder zu seiner Form zurück. Der wassergekühlte 11 kW-On-Board-Lader ist indes erst seit kurzem Serie. Mit ihm lässt sich der Riesenakku in gut 7 Stunden laden; mit 7,4 kW dauert es 11 Stunden. An einer Gleichstrom-Schnellladesäule geht es selbstredend ungleich schneller: an ihr ist der Akku dank 130 kW Ladeleistung in 40 Minuten voll.
Voll ausgefüllt hat Mercedes den EQC auch mit Dämmstoffen und anderen Lärmschutzmaßnahmen. Die Asynchronmaschinen drehen mit bis zu 13.000 Touren auf – das könnte einige Unruhe verursachen. Im Mercedes ist davon jedoch keine Spur. Weshalb? Weil die Antriebsstränge mit Gummilagern vom Hilfsrahmen und der Hilfsrahmen wiederum von der Karosserie entkoppelt wurden. Mindestens ebenso beeindruckend ist die Dynamik und die Souplesse, mit der sich das 2,5 Tonnen schwere SUV fortbewegt. Diesbezüglich macht der elektrische Benz seinem Namen alle Ehre. Das gleiche müssen wir leider über die Aufpreis-Gestaltung sagen. Der EQC ist mit einem Basispreis von fast 70.000 Euro kein Schnäppchen: dennoch sind viele der erlesenen Extras extra zu bezahlen. Wer sich im erstklassig sortierten Komfort- und Assistenzregal bedient, zahlt schnell den Preis eines Kompaktwagens drauf. Das vorzügliche Platz- und Raumangebot ist hingegen Serie, auch wenn es nicht so vorzüglich ist wie im klassischen GLC. Das GLC PHEV übertrumpft der EQC aber, etwa beim Kofferraumvolumen (500 bis 1.460 Liter zu 395 bis 1.445 Liter).
Technische Daten des Mercedes EQC |
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PS-Anzahl: | min. 408 PS | max. 408 PS |
kW-Anzahl: | min. 300 kW | max. 300 kW |
Antriebsart: | Allradantrieb | |
Getriebeart: | Automatik | |
Kraftstoffart: | Elektro | |
Verbrauch (kombiniert): | min. 20,1 kWh/100km | max. 21,5 kWh/100km |
CO2-Emission: | min. 0 g/km | max. 0 g/km |
Effizienzklasse: | min. A+ | max. A+ |
Abgasnorm: | Euro 6 D (grüne Feinstaub-Plakette) | |
Listenpreis: | ab 69.484 Euro | |
Stand der Daten: | 04.12.2020 |
Konkurrenzmodelle
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Fazit zum Mercedes EQC Test
MeinAuto.de Redakteur: MeinAuto.de Redaktion |
Der Mercedes EQC ist ein beeindruckendes Debüt-Modell im Segment der BEV. In puncto Komfort, Sicherheit und Qualität ist der Stuttgarter in jedem Fall eine Referenz – auch die Fahrleistung und die Dynamik überzeugen. Bei der Effizienz, der Reichweite und damit auch im Öko-Kapitel überzeugt der EQC allerdings nur bedingt – trotz großer Anstrengungen. Bei MeinAuto.de stromert Mercedes erstes BEV in Kürze von dannen: wie gewohnt mit kräftigen Rabatten und der Kaufprämie für Elektroautos (6.750 Euro beim EQC).
4 von 5 Punkten
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