Von wegen dagegen: Norwegen lebt E-Mobilität

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12.08.2021

Wer ein gutes Beispiel für einen gelungenen Umgang mit E-Mobilität sucht, sollte nach Norwegen schauen. Die Skandinavier gelten weltweit als Vorreiter in Sachen batteriegetriebener Autos. Ein Blick auf ein strombegeistertes Land.

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Mehr als die Hälfte aller Neuwagen fährt mit Strom

Dass die Landschaft Norwegens von großen Strömen geprägt ist, ist allgemein bekannt. Doch auch ohne Wasser spielt Strom im Norden Europas ein große Rolle – zum Beispiel beim Thema Autoverkehr. Im vergangenen Jahr hatte 54 Prozent der rund 77.000 neu zugelassenen Fahrzeuge in Norwegen einen rein elektrischen Antrieb. Rechnet man Wagen mit Plug-in-Hybrid hinzu, steigt der Anteil der elektrifizierten Autos sogar auf ca. 75 Prozent.

Auch in diesem Jahr boomen E-Autos. Einschätzungen nach soll die Gesamtzahl der verkauften Elektroautos in Norwegen Ende 2021 bei etwa 400.000 liegen. Neben einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur und günstigen Strompreisen profitieren die Fahrer von E-Autos zusätzlich von verschiedenen staatlichen Anreizen. Beispielsweise lässt sich die Mehrwertsteuer in Höhe von 25 Prozent einsparen, entscheidet sich ein Kunde für ein Elektrofahrzeug. Zudem werden keine emissions- und gewichtsabhängigen Extrasteuern wie bei Autos mit fossilen Antrieben erhoben. Zu den finanziellen Vorteilen kommen weitere Vergünstigungen im Straßenverkehr: E-Fahrzeuge dürfen zum Beispiel die städtischen Busspuren nutzen – ein unschätzbarer Vorteil in der Rushhour. Und sie dürfen an vielen Orten kostenlos parken.

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Fast 19.000 öffentliche Ladesäulen

Was zudem die E-Begeisterung in Norwegen befeuert: Landesweit gibt es fast 19.000 öffentliche Ladesäulen. E-Autofahrer finden so auf fast sämtlichen Hauptverkehrsstraßen alle 50 Kilometer mindestens zwei Schnellladesäulen vor. Pro 100.000 Einwohner gibt es in Norwegen mehr als 350 Ladestationen, womit das Land hinter den Niederlanden (386) auf dem zweiten Platz in Europa liegt. Deutschland kommt aktuell hingegen nur auf rund 54 Ladesäulen je 100.000 Einwohner. Darüber hinaus sind die Kosten pro gefahrenen Kilometer ein gutes Argument für E-Mobilität in Norwegen: Der größte Teil des norwegischen Stroms stammt aus Wasserkraft. Ökostrom ist dort deshalb billiger als fossile Brennstoffe wie Benzin und Diesel.

Die Begeisterung für elektrisch betriebene Autos reicht in Norwegen weit zurück. Bereits in den 1970er Jahren begannen norwegische Unternehmen mit Elektrofahrzeugen zu experimentieren. Die intensive staatliche Förderung der E-Mobilität in Norwegen begann vor etwas mehr als 30 Jahren. Damals starteten die Umweltschutzgruppe “The Bellona Foundation” und die Popstars von “aha“ eine Initiative zur Abschaffung der Gebühren für Elektroautos, die 1990 eine Mehrheit fand. Seitdem gehörten immer mehr E-Fahrzeuge zum Straßenbild. Mittlerweile setzt das Land voll auf den nachhaltigen Antrieb: Ab 2025 sollen in Norwegen nur noch emissionsfreie Autos zugelassen werden.

Thomas May, Leiter Bereich Nordeuropa bei der Porsche AG, 2021, Porsche AG Thomas May, Leiter Bereich Nordeuropa bei der Porsche AG, 202

May: “Vielen Ländern fünf Jahre voraus“

Ein Unternehmen, das sich sehr mit dem Thema Elektromobilität auseinandersetzt, ist der deutsche Sportwagenhersteller Porsche. Im Interview auf der Firmenhomepage erklärt Thomas May, Leiter der Porsche AG für den Bereich Nordeuropa, warum sich Norwegen als Vorreiter für E-Autos etabliert hat und was andere Länder von den Skandinaviern lernen können.

Frage: Was sind die spezifischen Anforderungen der Kunden in Norwegen?

May: Sie achten auf Top-Qualität und sind sehr Designaffin. Außerdem haben viele Norweger eine “Hytte“, ein kleines Haus, in den Bergen oder an einem Fjord. Dort verbringen sie fast jedes Wochenende. Sie wünschen sich Autos mit Allradantrieb, die genug Platz für die Familie und das Gepäck bieten. Und sie brauchen Fahrzeuge, die auch bei Minusgraden zuverlässig funktionieren.

Frage: Was können andere Länder vom E-Auto-Boom in Norwegen lernen?

May: Norwegen ist vielen Ländern etwa fünf Jahre voraus, und E-Mobilität ist dort völlig alltäglich. Fahrer von E-Autos profitieren neben der Unterstützung durch den Staat auch von anderen Vorteilen, etwa von einem reinen E-Auto-Parkhaus in Oslo. Reichweite ist ebenfalls kein Problem mehr, da alleine 2020 fast 1.000 neue Schnellladesäulen installiert wurden. So macht man E-Mobilität attraktiv und einfach für die Kunden. Das macht den entscheidenden Unterschied.

Frage: Das heißt, mit den richtigen Anreizen könnte es in einigen Jahren überall wie in Norwegen sein?

May: Grundsatzfragen zur E-Mobilität, Reichweitenängste, die Installation von Ladestationen zu Hause – all das ist in Norwegen kein Thema mehr. Man vertraut E-Autos voll und hat sie liebgewonnen. Während sie anfangs nur als Zweit- oder Drittfahrzeug genutzt wurden, sind sie heute zum “Daily Driver“ geworden. So könnte das in einigen Jahren tatsächlich auch bei uns aussehen, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

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