VW Polo TGI im Test (2018): der neue Polo mit Erdgas Motor
In unserem ersten Test 2017 konnte der neue normale VW Polo mit seinem Zugewinn beim Platzangebot, den neuen technischen Fähigkeiten und dem Plus beim Komfort aufgezeigt. Der vor einigen Jahren angekündigte Plug-in-Hybrid-Motor indes ist weiter nicht in Sicht. Ein alternativer Antrieb findet sich dennoch im Sortiment: Nach einem kurzen Autogas-Intermezzo in der ersten Lebenshälfte des Polo V sorgt auf Wunsch ein nagelneuer Dreizylinder-Erdgasmotor für Vortrieb. Ob und für wen sich der 1.0 TGI im Polo rechnet, erörtern wir in unserem Testbericht:
1.0 TGI – ein neues Aggregat für die neue Plattform
Einer der stärksten Eindrücke, die der neue VW Polo bei uns hinterlassen hat, war der signifikante Zuwachs an Bewegungsspielraum – ein Plus, das jede Fahrt spürbar angenehmer und komfortabler macht. Zu verdanken ist dieser Zugewinn der Tatsache, dass der sechste Polo auf der neuen Variante des Modularen-Querbaukastens, der MQB-A0-Plattform, basiert. Der Plattformwechsel geht aber noch mit einem anderen Vorteil einher. Bis 2020, so schätzen Experten, könnte ein Viertel der weltweit verkauften VW-Modelle auf der neuen Kleinwagen-Architektur stehen. Bei diesen Aussichten zahlt es sich aus, einen speziell für diesen Baukasten entwickelten Erdgasmotor zu bauen. Eben das haben die Wolfsburger mit dem Dreizylinder-Turbo 1.0 TGI getan (Kraftstoffverbrauch CNG/Benzin: 3,2/4,9 Liter auf 100 km, 87/112 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse A+). Er entstammt derselben Entwicklungsstufe wie der neue 1,5-Liter-Vierzylinder-Benziner, der in Bälde auch den Polo VI antreiben wird. Damit dieser Einliter-Erdgasmotor neben Benzin auch komprimiertes Erdgas (CNG) verträgt, bedurfte es zahlreicher technischer Änderungen. Aufgrund des höheren Arbeitsdrucks (bis 115 bar) und der bis zu 1.050 Grad heißen Abgase haben die VW-Ingenieure bspw. die Zylinderköpfe adaptiert, den Kurbelantrieb angepasst sowie die Kühlung und den Turbolader optimiert.
Die größte Herausforderung war allerdings, den nahtlosen Wechsel zwischen Gas- und Benzinbetrieb zu gewährleisten. Immerhin weisen die beiden Kraftstoffe physikalische Eigenschaften auf – von der Klopffestigkeit über den Energiegehalt bis zum Zündtemperatur -, die sich unterscheiden wie Wasser und Wein. Der Motor lässt uns davon in den Testfahrten jedoch nichts spüren. Der Übergang zwischen den beiden Kraftstoffen geht so gut wie unmerklich von Statten, obwohl der Ladedruck im CNG-Betrieb höher ist. Auch in puncto Laufkultur und Fahrleistungen ist kaum ein Unterschied zu vernehmen. Im Vergleich mit den ähnlich starken Benzin- und Diesel-Motoren fehlt dem Erdgasmotor aber der letzte Punsch. Spürbar wird das vornehmlich bei den Zwischensprints im vierten und fünften Gang: da fällt der 1.0 TGI ab. Gegenüber dem 1.0 TSI mit 95 PS verliert er bis zu vier Sekunden (Kraftstoffverbrauch: 4,5 Liter auf 100 km, 103 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse B); der 1.6 TDI mit 95 PS ist um drei Sekunden schneller (Kraftstoffverbrauch jeweils 3,7 Liter auf 100 km, 97 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse A). Bei der Höchstgeschwindigkeit und der 0-100-Sprintzeit hält sich der 1.0 TGI mit 183 km/h und knapp 12 Sekunden aber wacker.
Erdgas-Vorteile: Spritkosten & Schadstoffreduktion
Wer beeindruckende Fahrleistung sucht, der ist beim Erdgas-Polo trotzdem falsch und sollte einen Blick auf den 200 PS starken Namensvetter Polo GTI riskieren. Der Polo 1.0 TGI richtet sich an Vielfahrer und Sparmeister: Denn die Effizienz ist die Stärke des bivalenten Dreizylinders – auch wenn der Zusatz bivalent irreführend ist. Er besagt, dass der 1.0 TGI sowohl Erdgas wie herkömmliches Benzin verbrennt. Einen echten Mehrwert schafft das allerdings nicht. Der Benzin-Betrieb erfüllt lediglich die Funktion eines Reservisten. Falls der 11 Kilo Erdgastank unverhofft zur Neige geht, verlängert er die Reichweite um gut 800 Kilometer. Das ist schön, dennoch erscheint uns der 40 Liter Benzintank zu groß. Auf diese Reserve sollte man nämlich nur im Notfall zurückgreifen. Der Grund: Im Benzinbetrieb ist der 1.0 TGI die teuerste aller besagten Antriebsvarianten. Ganz anders stellt sich das im CNG-Modus dar. Sein Mehrwert Nummer 1 sind die Spritkosten. Bereinigt um die Unterschiede im Energiegehalt und den Maßeinheiten – Erdgas wird an der Tankstelle in Kilo verkauft – kostet das höherwertige H-Gas derzeit um die 0,7 Euro pro Liter: Benzin schlägt mit etwa 1,35, Diesel mit 1,0 und Autogas mit ca. 0,75 Euro pro Liter zu Buche. Einfach ausgedrückt: Jeder Kilometer mit CNG spart gutes Geld.
Das ist auch deshalb gut, weil der Polo mit dem Erdgas-Motor mehr kostet: 2.400 Euro mehr als mit dem 1.0 TSI; und gut 300 Euro mehr als mit dem 1.6 TDI. Legt man allein die Kraftstoffkosten und die günstigere Kfz-Steuer zu Grunde, braucht der 1.0 TGI rund 90.000 Kilometer, bis er den Benziner eingeholt hat; beim Diesel sind es etwa 30.000 – umgerechnet also rund sechs bzw. zwei Jahre. Rechnet man wie der ADAC zudem den Wertverlust und die Instandhaltungskosten ein, liegt die Erdgasvariante schon ab 10.000 Jahreskilometern vorn (bei einer Haltedauer von 5 Jahre). Zu dieser goldenen Tugend gesellt sich Mehrwert Nummer 2: die geringere Umweltbelastung. Beim Fahren mit CNG wird rund ein Fünftel bzw. ein Viertel weniger CO2 frei als mit Diesel und Benzin; darüber hinaus entstehen deutlich weniger Stickoxide und fast kein Feinstaub. Ein weiterer Vorzug wird zum Teil schon heute, vermehrt aber in Zukunft schlagend: Erdgas kann nicht nur aus fossilen Quellen, sondern auch aus erneuerbaren gewonnen werden. Zurzeit zapfen die Ingenieure vor allem Quellen wie Bioabfällen und nachwachsende Rohstoffe an, die sie zu Biomethan vergären. Das ist gegenwärtig an gut 100 Tankstellen erhältlich und reduziert die Treibhausgasbelastung der gesamten Herstellungs- und Nutzungskette um mehr als die Hälfte. Die zweite Option, namentlich die Erzeugung von EE-Methan aus überschüssigem PV- und Wind-Strom, befindet sich noch im Testlauf.
Erdgas-Polo mit Einbußen bei Reichweite und Stauraum
Bereits gegenwärtig ganz real sind indes die kleinen Nachteile, die mit der Nutzung von Erdgas einhergehen. So bietet VW den 1.0 TGI z.B. nicht für das Sondermodell „beats“ und erst ab der mittleren Ausstattung „Comfortline“ an. Letzteres hat jedoch den Vorteil, dass der Polo schon sehr gut ausgestattet ist – und interessante Extras wie das nagelneue digitale Kombiinstrument „Active Info Display“ verfügbar sind. Kein Mangel herrscht im Erdgas-Polo auch an leistungsstarken Fahrassistenz- und Infotainment-Systemen. Für Extras wie den Ausparkassistenten mit Towinkel-Warner, die Einparkautomatik oder die LED-Vollscheinwerfer ist allerdings ebenso ein Zusatz-Obolus fällig wie fürs Navi und die kabellose Smartphone-Koppelung.
Der Verlust von rund 100 Litern Stauraum lässt sich dann selbst mit viel Geld nicht wettmachen. Die beiden Hochdruck-Stahlgastanks fordern ihren Tribut und senken das Stauraumvolumen von 351 bis 1.125 auf 251 bis 1.025 Liter. Die Tatsache, dass der Vorgänger nur 280 bis 952 Liter verstauen konnte, ist ein Trost – wenn auch wohl ein schwacher. Dem Problem der recht geringen Reichweite – im Test sind’s meist rund 320 Kilometer (plus 800 km mit Benzin) – kann in der Praxis jedoch mit der richtigen App und Vorausplanung leicht begegnet werden. Beim Pendeln tankt man mit dem TGI eben jeden zweiten Tag satt einmal pro Woche – und beim Wochenendausflug oder der Urlaubsfahrt sucht man sich vorab eine Route mit ausreichend CNG-Tankstellen. In Deutschland gibt es davon 900, in Europa rund 3.500. Beim 1.0 TGI lautet die Devise somit: Schnitzeljagt statt Polo.
Technische Daten des Polo TGI: | ||
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PS-Anzahl: | min. 90 PS | max. 90 PS |
kW-Anzahl: | min. 66 kW | max. 66 kW |
Antriebsart: | Frontantrieb | |
Getriebeart: | Manuell | |
Kraftstoffart: | Benzin und Erdgas | |
Verbrauch (Benzin): | min. 4,8 l/100km | max 4,9 l/100km |
Verbrauch (Erdgas): | min. 3,1 kg/100km | max 3,2 l/100km |
CO2-Emission: | min. 85 g/km | max. 112 g/km |
Effizienzklasse: | min. A+ | max. B |
Abgasnorm: | Euro 6 (grüne Feinstaub-Plakette) | |
Listenpreis: | ab 19.800 Euro | |
Stand der Daten: | 30.01.2018 |
Konkurrenzmodelle
Der Polo TGI ist in unserem Autohaus online aber nicht alleine – neben ihm finden Sie zahlreiche weitere günstige, alternativ angetriebene Kleinwagen. Z.B. wäre da der Opel Corsa LPG ab 9.614 Euro und 35,0% Neuwagen Rabatt, der Seat Ibiza TGI ab 10.554 Euro bzw. 42,7%; oder den Fiat Punto Natural Power ab 11.843 Euro und 30,0% Preisnachlass. Attraktive Optionen der Finanzierung runden unser Angebot an Neuwagen ab – ein heißer Tipp ist stets unser Autoleasing.
Fazit zum VW Polo TGI Test
MeinAuto.de Redakteur: MeinAuto.de Redaktion |
Mit dem Polo TGI poliert VW die Ökobilanz seines Kleinwagens auf. Doch vom Erdgas-Polo haben auch seine zukünftigen Besitzer etwas. Wer mehr als 15.000 Kilometer im Jahr fährt, der fährt mit ihm günstiger als mit Diesel oder Benzin – und er schont zudem die Umwelt. Mit dem kleineren Kofferraum und der geringeren Reichweite werden sich die meisten arrangieren können. Bei MeinAuto.de heizt das Erdgasmodell ab 13.210 Euro los, fast 36% bzw. beinahe 7.000 Euro günstiger als gelistet. Der normale VW Polo kostet ab 11.848 Euro und 32,5%.
5 von 5 Punkten