VW Golf 7 Variant TGI im Test (2017): der Erdgas-Kombi gefällt nicht nur der Geldbörse
Die Zuverlässigkeit des VW Golf und der Nutzwert des Kombi, das sind die zwei bekannten Konstanten in der Formel „Golf Variant TGI“. Der letzte Teil, das Kürzel TGI für „Turbo(charged) Gas Injection“, ist indes die große Unbekannte. Es weist darauf hin, dass diese Variant-Variante vorrangig mit Gas angetrieben wird. Gas als Treibstoff aber, hier konkret komprimiertes Erdgas CNG, ruft immer noch Misstrauen hervor. Ob zu Recht oder zu Unrecht – das wollen wir im Test mit dem aufgefrischten Gas-Golf-Kombi herausfinden:
1.4 TGI – Erdgas als Trumpf, Benzin als Reserve
Mit 200 bar zusammengepresstes Erdgas, das ist der Stoff, aus dem – geht es nach Volkswagen und zahlreichen Experten – ein Teil des Zukunftstraums „umweltfreundliche Automobilität“ geschmiedet werden soll. Außerdem ist es der Treibstoff, der gerade in die beiden, 15 Kilogramm fassenden Unterflur-Gasdruckbehälter unseres Testwagens läuft. Oder strömt oder schwebt das Gas? Wie dem auch sei, sicher ist: Das Tanken gestaltet sich so einfach wie mit Diesel und Benzin (von letzterem führt der TGI 50 Liter als beruhigende Reserve mit): Tankdeckel auf, Tankanschluss einführen und verriegeln, Gasventil an der Zapfsäule öffnen – und nach ein paar Minuten ist der Zauber bereits vorbei. Wobei das Zahlen beim CNG-Tanken einen ganz eigenen Zauber entfaltet. 0,8 Cent beträgt der Kilopreis hier nahe des Kölner Zentrums – an einer von rund zwei Dutzend Tankstellen, die im 25-km-Umkreis 24h am Tag Erdgas verkaufen. Zauberhaft ist vor allem der Blick auf die Preistafel. Diesel kostet pro Liter derzeit 1,16 und Superbenzin 1,37 Euro. Bevor wir diese Zahlen mit dem Gaspreis vergleichen können, müssen wir noch ein wenig rechnen. Ein Kilo Erdgas enthält 1,5-Mal so viel Energie wie Benzin; und 1,3-Mal so viel wie Diesel.
Bezogen auf einen Liter Superbenzin sieht der Vergleich letztendlich so aus. Superbenzin kostet 1,35, Diesel 1,00 und Erdgas 0,55 Euro. Das hört sich sehr vielversprechend an – selbst wenn wir berücksichtigen, dass wir das günstigere L-Gas (rund 80% Methan) und nicht das hochwertige H-Gas getankt haben (über 95% Methan). Das kostet aktuell im Schnitt ca. 1,1 Euro/kg, umgerechnet auf einen Liter Super sind das gut 0,70 Euro. Bevor wir jetzt aber den Rechenstift zum Glühen bringen, glühen wir lieber eine Runde mit dem Golf Variant TGI. Wir starten den Erdgasmotor – und was hören wir? Wir hören keinen Unterschied. Der 1.4 TGI, ein Vierzylinder-Turbomotor mit 110 PS und 200 Nm Spitzendrehmoment klingt rund und gesund: einerlei ob er Benzin oder Erdgas verbrennt (Kraftstoffverbrauch CNG/Benzin: 3,6 Kilo bzw. 5,6 Liter auf 100 km, 98 bzw. 127 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse B bzw. A+). Aber fährt er mit beiden Treibstoffen auch gleich ruhig und schnell?
Golf Variant TGI: identische Fahrleistungen, geringere Kosten
Kurz und bündig gesagt: Ja. Wenn es in puncto Laufruhe überhaupt einen Vorteil gibt, dann liegt er auf Seiten des Erdgases. Die Qualität des CNGs macht keinen Unterschied. Der Golf Variant TGI erkennt diese automatisch und passt das Motormanagement entsprechend an. In Bezug auf die Fahrleistungen sind Benzin und Erdgas ebenso identisch. In der Spitze geht’s auf knapp 200 km/h und von 0 bis 100 in rund 11 Sekunden. Auch beim Durchzug in den höheren Gängen des serienmäßigen 6-Gang-Getriebes holen CNG und Benzin gleich viel Schub aus den vier Zylindern. Wer auf eine besonders geschmeidige Beschleunigung Wert legt, der kann übrigens auch für die TGI-Version das 1.900 Euro teure 7-Gang-DSG ordern. Neben mehr Komfort und Ruhe lässt sich mit ihm auch Kraftstoff sparen (Kraftstoffverbrauch 7-Gang-DSG Benzin/CNG: 5,3 Liter bzw. 3,6 Kilo auf 100 km, 122 bzw. 95 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse B bzw. A+). Wie gewohnt liegt der Realverbrauch dabei über dem angegebenen Normwert aus dem NEF-Zyklus. Beim Erdgas-Betrieb sind die Abweichungen jedoch geringer. Wir verbrennen im Test auf 100 Kilometer im Schnitt knapp über 4 Kilo CNG; und etwas weniger als 7 Liter Superbenzin.
Anders ausgedrückt. Mit einer Erdgasfüllung kommen wird mit H-Gas rund 370 Kilometer; und mit L-Gas ca. 330 km. Eine Benzintankfüllung reicht für gut 700 Kilometer. Bei einer Gesamtreichweite von gut 1.000 Kilometern kann von einer Reichweiten-Einschränkung also keine Rede sein. Diese Aussage stimmt für den Golf Variant TGI freilich nur, wenn man Benzin als vollwertigen Ersatz ansieht. Aus zweierlei Gründen ist das jedoch nicht ratsam. Zum einen haben wir bereits gesehen: CNG kostet nur halb so viel wie Benzin. Aus wirtschaftlicher Sicht macht es folglich wenig Sinn, viel mit Benzin zu fahren. Denn man darf nicht vergessen. Der Golf Variant kostet mit dem 1.4 TGI 3.650 Euro mehr als mit dem gleichstarken 1.4 TSI; und knapp 800 Euro mehr als mit dem 115 PS starken 1.6 TDI. Auch wenn VW bis Jahresende zusätzlich zur 5.000-Euro-Umweltprämie eine 1.000-Euro-Zukunftsprämie für das Erdgasmodell gewährt: Der Mehrpreis muss erst einmal hereingefahren werden.
TGI-Aktionsradius: Planung verhindert Einschränkung
Lange dauert das allerdings nicht. Spätestens nach 10.000 Kilometer unterbietet der TGI den Benziner in Bezug auch auf die Kosten; den Diesel schnappt er sich noch bedeutend schneller. Das Fahren mit Erdgas hat dabei noch einen zweiten Vorzug: Es schont die Umwelt. Beim Verbrennen des CNG wird ein Viertel bzw. ein Drittel weniger CO2 frei als beim Abfackeln von Diesel und Benzin; zudem 99% bzw. 50% weniger Feinstaubpartikel – und 67% bzw. 99% weniger Stickoxide. Dass ist auch der Grund, weshalb der Bund das komprimierte Erdgas bis 2027 fördert. Aber die Sache hat doch sicherlich einen Haken, mag jetzt so mancher denken. Ja, den hat sie – aber es sind kleine Angler- und keine ausgewachsenen Kranhaken. Im Test fällt uns bspw. rasch auf, dass das Erdgas-Tankstellennetz im Ballungszentrum zwar recht engmaschig ist; auf dem Land ist es hingegen offen wie ein Scheunentor. Kein Wunder: Mehr als 900 CNG-Tankstellen gibt es in Deutschland bislang nicht, in ganz Europa sind es knapp 4.500. Wer die Vorteile des Golf Variant TGI voll auskosten will, der muss also vorausschauend fahren.
Zum anderen muss man auch damit klar kommen, dass das Stauraumvolumen nicht wie üblich 605 bis 1.620, sondern nur 424 bis 1.439 Liter fasst. Der Erdgas-Kombi schont also die Umwelt und die Geldbörse, er verlangt einem aber auch eine leichte Reisgepäck-Diät ab. Als Belohnung hat VW den Golf Variant TGI dafür nun mit allen Neuerungen der jüngsten Modellpflege bestückt und lässt ihn so kaum von dem normalen Golf 7 Variant unterscheiden. Die Neuerungen stecken vor allem unter der Karosserie, konkret in der Elektronik. Die Wolfsburger brachten sowohl das Multimedia- wie das Assistenzsystem-Angebot auf den neuesten Stand gebracht. So bewahrt der Erdgasantrieb seinen Lenker zwar nicht davor, im Stau zu stecken. Mit dem neuen Stau-Assistenten kann er sich im Variant-TGI jetzt aber weitgehend autonom durch den Stau pilotieren lassen. Auch das war lange ein automobiler Zukunftstraum.
Technische Daten des VW Golf 7 Variant TGI: | ||
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PS-Anzahl: | min. 110 PS | max. 110 PS |
kW-Anzahl: | min. 81 kW | max. 81 kW |
Antriebsart: | Frontantrieb | |
Getriebeart: | Manuell oder DSG Automatik | |
Kraftstoffart: | Benzin und Erdgas | |
Verbrauch (kombiniert): | 3,6 Kilo bzw. 5,6 Liter auf 100 km | |
CO2-Emission: | min. 95 g/km | max. 98 g/km |
Effizienzklasse: | min. A+ | max. A+ |
Abgasnorm: | Euro 6 (grüne Feinstaub-Plakette) | |
Listenpreis: | ab 25.225 Euro | |
Stand der Daten: | 16.10.2017 |
Konkurrenzmodelle
Kombis aus der Kompaktklasse gibt es in unserem Autohaus online aber noch von zahlreichen anderen Herstellern, auch mit Gasantrieb. Drei Beispiele: Der Skoda Octavia Combi g-tec ab 14.076 Euro und 41,4%, der Audi A3 Sportback g-tron ab 17.975 Euro und 36,7%; und Leon ST TGI ab 14.403 Euro und 44,0% Neuwagen Rabatt. Auch bei der Finanzierung dieser Neuwagen haben Sie eine große Auswahl. Neben zinsgünstigen Autokrediten bspw. auch ein preiswertes Autoleasing.
Fazit zum VW Golf 7 Variant TGI Test
MeinAuto.de Redakteur: MeinAuto.de Redaktion |
Der VW Golf Variant TGI steht zu Unrecht im Schatten seiner konventionellen Golf-Kombi-Brüder. Er fährt genauso ruhig und flott wie ein Golf Variant mit Diesel oder Benziner. Aber er fährt um vieles sauberer – und nach wenigen tausend Kilometern auch günstiger. Bei MeinAuto.de startet die Erdgasvariante jetzt ab 15.864 Euro, also 38,5% bzw. 9.700 Euro günstiger als gelistet. Der herkömmliche VW Golf Variant legt ab 13.753 Euro los.
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