Kleinwagen-Sportler: des Vergleichstests zweiter Teil
Im ersten Teil unseres Vergleichstests der vier Kleinwagensportlern habe wir die Auftritte des Peugeot 208 GTi und des Renault Clio RS genau verfolgt. Beide konnten den unverfälschten Sportler aber nur in Facetten überzeugend verkörpern. Im 2. Akt geht der Reigen nun über auf den Ford Fiesta ST und den VW Polo GTI.
VW Polo GTI – der Musterschüler
Eröffnet wird der Kurventanz vom VW Polo GTI. Der kleine Bruder des Golf GTI sollte eigentlich alle Anlagen eines begeisternden Kleinwagen-Renners mitbringen; rein äußerlich betrachtet findet man an ihm – abgesehen von den 17-Zoll-Alufelgen und dem Doppelendrohr – allerdings kaum ein Zeichen, das auf ein umtriebiges Wesen schließen ließe.
Ähnlich nüchtern und sachlich ist auch der Innenraum gestaltet. Die wesentlichen Vitalfunktionen des kleinen Wolfsburgers bilden die klassisch geformten Instrumente einwandfrei lesbar ab, die Materialien sind fein säuberlich verarbeitet – und die Sitze zupackend und bequem. Ob die Bezüge im Karomuster, die an den ersten Golf GTI erinnern, noch den Ton der Zeit treffen, ist Geschmackssache; für einen quirligen Kleinwagensportler hätten wir uns aber ein Cockpit mit mehr Pfiff gewünscht.
Mehr Elan zeigt der Polo GTI hingegen dort, wo es wirklich zählt, nämlich beim 180 PS starken 1,4 Liter Turbobenziner mit Zusatz-Kompressor. Bis zu einer Drehzahl von 3.500 U/min liegt es an diesem, für standesgemäßen Schub zu sorgen; danach übernimmt der Turbolader diese Agenden. Beide erfüllen ihre Aufgaben mehr als zufriedenstellend, da man dem hubraummäßig kleinsten Aggregat die fehlenden Pferdestärken im Test gar nicht anmerkt.
Mit 250 Nm Drehmoment (bei 2.000 U/min) und mit einem ungestümen, aber wieselflinken 7-Gang-DSG spurtet der VW Polo GTI in 6,9 Sekunden auf Tempo 100 und in 10,8 Sekunden auf Tempo 130. Den beiden kleinen Franzosen ist er damit dicht auf den Fersen, beim Durchzug lässt er alle Kontrahenten sogar stehen.
Das war es dann aber mit den “wilden” Auswüchsen. Beim Fahrwerk hat VW den schwierigen Spagat zwischen ausgewogener Zurückhaltung und ungezügeltem Grenzgang versucht – leider ist dabei die Fahrdynamik zu kurz gekommen. Denn obwohl der kleine Bruder des Golf GTI mit einer hochpräzisen, feinfühligen Servolenkung und einer straffen Federung ausgerüstet ist, will im dichten Kurvengeschlängel kaum Fahrspaß aufkommen. Zu früh greift das ESP vermittelnd ein und so schafft der Polo GTI im Pylonen-Slalom mit 63,6 km/h auch nur den letzten Rang. Mit Rang 2 besser halten sich die vier Scheibenbremsen, allerdings sind 37,2 Meter Bremsweg aus Tempo 100 nicht berauschend.
Ford Fiesta ST – der Wirbelwind
Den urwüchsigen Kleinsportwagen nimmt man also auch dem VW Polo GTI nicht ganz ab. Bleibt als letzter Mohikaner noch der Ford Fiesta ST. Gelingt ihm der große Auftritt?
Geht man nach dem Design, deutet zunächst kaum etwas darauf hin, dass es der begierige Lenker mit einem rassigen Kleinwagen zu tun hat. Ein kleiner Heckspoiler und das Doppelendrohr der Auspuffanlage sind die einzigen Insignien, die ein temperamentvolles Wesen vermuten lassen.
Im Innenraum hält der Fiesta ST seinen wahren Charakter jedoch nicht länger zurück. Nach dem Einsteigen haben uns die strammen Sportsitze sofort fest im Griff und wir haben die Straße – von einer leicht erhöhten Sitzposition aus – unmittelbar vor Augen. Die Displays und die Bedienknöpfe auf der Mittelkonsole sind zwar sehr klein geraten, den entscheidenden Knopf, den Start-Button, finden wir aber gleich.
Mit dem Drücken desselben erweckt man einen 1,6-Liter-Turbobenziner zum Leben. Das 182 PS starke Aggregat liefert schon ab 1.600 Touren ein Spitzendrehmoment von 240 Nm und überzeugt von Beginn an mit zwei Stärken: einem satten Klang und einem ebenso satten Schub.
Den spürt man vor allem im Alltag, wo der Vortrieb selbst beim Wechseln der Gänge ohne merkliche Unterbrechung anhält. Die Messwerte geben die gefühlte Antriebskraft unserer Meinung nach dagegen nur bedingt wieder. Hier rangiert der Turbo des ST mit 7,3 respektive 10,8 Sekunden für den Sprint auf 100 bzw. 130 km/h nämlich an letzter Stelle.
Zwei Qualitäten stechen dann auch beim Handling des Ford Fiesta ST hervor: das Fahrwerk ist kompromisslos straff und mag für den ein oder anderen auf längeren Strecken vielleicht zu sportlich sein. Und der ST ist ein Kurvenmagier, wie man ihn sonst nur bei Hecktrieblern kennt, der mit 66,3 km/h fast 3 km/h schneller durch die Pylonen tanzt als der Polo GTI. Einziger Makel ist die enttäuschende Bremsleistung (37,8 Metern aus 100 km/h).
Fazit: Eines haben alle vier Testkandidaten gemeinsam: aus den kleinen Abmessungen fördern sie erstaunlich viel Fahrspaß zu Tage. Der Ford Fiesta ST kommt dem Ideal vom frechen, ungezähmten Kleinwagen-Sportler aber eindeutig am nächsten. Zugleich ist er mit 17.181 Euro bei MeinAuto.de auch der günstigste aus dem Quartett. Dahinter folgt im Leistungsranking der VW Polo GTI, den beiden Franzosen bleiben da nur die Ehrenränge. (nau)
Hier zum ersten Teil des Kleinwagen-Tests: Peugeot 208 GTi vs. Renault Clio RS im Vergleichstest