Citroën C6 Test: Abschied mit Wehmut
So ist es eben mit dem Fortschritt: ist die Zeit eines Automodells gekommen, wird es in den Ruhestand geschickt. Ob der Wechsel immer ein Schritt nach vorn ist, darf insbesondere bei einem Fahrzeug wie dem Citroën C6 aber bezweifelt werden. Doch der Kunde hat – durch die mageren Verkaufszahlen – sein Urteil gesprochen. Wir haben die französische Oberklassenlimousine zum Abschied noch einmal zu einer ausgedehnten Ausfahrt gebeten.
Der C6 und Citroëns hohe Designkunst
Alt ist er nicht geworden, der C6. 2005 war er angetreten, um das stolze Erbe der Luxuswagen aus dem Hause Citroën fortzuführen. Dieses reicht bis in die 1930er Jahre, bis zum Traction Avant, zurück, der als erstes Automobil auf einen Frontantrieb setzte. Der nächste in der ruhmreichen Luxus-Ahnenreihe war der Citroën DS, ehrfurchtsvoll “La Déesse”, die Göttin, genannt. Sie war zwar eine wankelmütige Diva, über Jahre aber auch der Inbegriff hoher Designkunst. Der C6 sollte an ebendiese Kunst anknüpfen.
Wer den C6 nun in aller Ruhe betrachtet und auf sich wirken lässt, der muss am Ende wohl zugeben, dass ihm dieses Vorhaben auch gelungen ist, gehen doch Form und Funktion hier vielerorts eine harmonische Liaison ein.
Ein gutes Beispiel dafür ist die konkav, sprich nach innen gewölbte Heckscheibe, die ganz ohne Wischer auskommt und trotzdem sauber bleibt; ein weiteres etwa die Karosseriefugen, die so gesetzt sind, dass sie eine stilvolle optische Wirkung erzielen. Andere Designelemente wie die sichelförmigen Heckleuchten sind zwar nicht übertrieben funktional, dafür aber umso schöner.
Im Innenraum lässt der Citroën C6 die souveräne äußere Eleganz mancherorts aber vermissen. Insbesondere das Knopf-Tohuwabohu auf der Mittelkonsole wirkt alles andere als stilsicher; zudem ist dessen reibungslose Bedienung ein Fall für Rätselfreunde.
Während die Gestaltung des Innenraums also durchaus Wünsche offen lässt, ist die Qualität der sorgfältig verklemmten, verschraubten und verklebten Materialien von höchster Güte. Diese erweist sich nicht zu Letzt in den Langzeittests, in denen bspw. die Lederbezüge auch nach Jahren der Nutzung noch fast wie neu aussehen. Dass es sich in den ledernen Sitzen des C6 darüber hinaus bequem und unbeengt sitzt, macht die fehlende Funktionalität der Bedienung nach wenigen Kilometern fast vergessen.
Wuchtiger Diesel in bester Tradition
Einen gebührenden Anteil daran hat auch der nobel zurückhaltend vor sich hin nagelnde Selbstzünder. In unserem Fall treibt ein 204 PS starker Sechszylinderdiesel mit 2,7 Litern Hubraum den C6 an. Dank zweier Turbolader stellt dieser ab 1.900 Umdrehungen pro Minute fürstliche 440 Newtonmeter Drehmoment zur Verfügung, die den französischen Oberklasseschlitten druckvoll und kultiviert anschieben. Die von uns im Test ermittelten 9,7 Liter Durchschnittsverbrauch sind in Anbetracht der Klasse und der Leistung durchaus angemessen.
In Verbindung mit der äußerst homogen abgestimmten Sechsgang-Automatik macht der sehr leise 2.7 V6 HDi den Nachfolger der Göttin jedenfalls zum idealen Begleiter für all jene, die das würdevolle Gleiten über die Landstraßen zu schätzen wissen.
C6 – bequem wie eine Sänfte
Und da es die französischen Autogötter gut meinen mit ihren Gefolgsleuten, hat der C6 mit der Hydropneumatik auch das zum Cruisen passende Fahrwerk an Board. Insbesondere in der Normalstellung absorbiert die variable Härte der Federung langgezogene Bodenwellen mit Bravour und macht den C6 zum geborenen Langstreckler.
Weniger gut zurecht kommen die Dämpfer in dieser Einstellung aber mit schroffen Unebenheiten. Hier hilft der Sportmodus weiter, der dem Franzosen mehr Härte und Dynamik einimpft. Leider geht mit ihm aber der ausgezeichnete Langstreckenkomfort verloren. Die ein wenig indirekte und zugleich leichtgängige Servolenkung passt dabei besser zur Normal- als zur Sporteinstellung.
Am Ende unserer Ausfahrt lassen wir den Citroën C6 nur ungern und mit viel Wehmut zurück. Und unweigerlich drängt sich uns die Frage auf, weshalb innerhalb von sechs Jahren lediglich 23.000 Exemplare verkauft wurden (dreieinhalb tausend davon gingen nach Deutschland).
War’s die übermächtige Konkurrenz? War’s der mäßige Ruf französischer Technik? Wie dem auch sei – kurz vor Weihnachten 2012 verließ der letzte C6 die Fertigungshallen in Rennes. Doch wer weiß: vielleicht birgt der jetzige Abschied die Chance auf ein baldiges Wiedersehen. (nau)
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Fotos: Auto-Motor-und-Sport – Pompe