BMW 3er Touring Test: endlich ein ganzer Kombi?
An sportlicher Dynamik und schnittigem Aussehen hat es dem BMW 3er Touring ja nie gemangelt – der Inbegriff des praktischen Familien-Transporters war er bisher allerdings nicht. Mit dem neuen Touring, der im August 2012 das Licht der Verkaufssalons erblickte, soll das nun anders werden. Wir haben den frischen 3er-Kombi jetzt Probe gefahren.
Der 3er als Packesel
Bevor wir den Testwagen durch den Stadtverkehr zirkeln und über Landstraßen und Autobahnen treiben, werfen wir diesmal gleich einen Blick in den Laderaum – die notorische Achillesferse des 3er Touring. Dass hier dringend was getan werden musste, war auch BMW klar. Wir öffnen also die Heckklappe – und finden sofort ein altes Sprichwort bestätigt, das da sagt: Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.
Die Aufwertung des Raums über der Hinterachse hat BMW dabei in mehreren Dimensionen vorgenommen. Zunächst ist da einmal der bloße Inhalt. Er ist – dank 50 zusätzlicher Millimeter beim Radstand und größerer Bauhöhe – im Mindestausmaß um 35 auf 495 Liter Fassungsvermögen gewachsen, womit der 3er Touring in dieser Disziplin jetzt erlesene Mitstreiter wie den A4- oder den C-Klasse-Kombi aussticht. Der maximale Laderaum hat sogar um mehr als 100 Liter zugelegt und genügt mit 1.500 Litern nun locker dem gehobenen Mittelklassestandard.
Hinter den verbesserten Lade- und Transportqualitäten steckt aber weit mehr als bloße Zahlenspielerei. So lässt sich das Platzangebot endlich auch variabel anpassen. Die Lehne der Rückbank kann – wie bei der neuen 3er Limousine auch – im Verhältnis 40:20:40 umgelegt werden, sodass etwa sperrige Sportartikel allein durch das Umlegen des Mittelteils problemlos im Heck verschwinden. Wer mehr Platz braucht, klappt die gesamte Rücklehne um und erhält dann einen ununterbrochenen, fast ebenen Ladeboden.
Das Einschichten des Gepäcks gelingt über die mit 62 Zentimeter sehr niedrige Ladekante zudem ohne vorherige Rückengymnastik. Zwei Edelstahl-Einlagen schützen dabei vor Kratzern, mehrere LED-Lichter weißen im Dunkeln den Weg – und wenn es einmal schnell gehen muss, dann kann man auf die altbekannte Touring-Spezialität, die separat öffnende Heckscheibe, vertrauen.
Zu guter Letzt haben die BMW-Ingenieure auch darauf geachtet, dass das ganze Gepäck ordentlich und sicher verstaut werden kann. Der Fixier- und Ordnungslust sind jedenfalls dank Gepäcknetz, Taschenhaken, Spannbändern und einer Alu-Teleskopstange (beides als Zubehör erhältlich) kaum Grenzen gesetzt.
Am Ende unserer Kofferrauminspektion kann somit eigentlich nur ein Fazit stehen: der 3er Touring ist nun ein vollwertiger Kombi.
Der 3er Touring als Handling-Künstler
Genug aber der Gepäckschlichterei, klemmen wir uns hinters Steuer. Dort erkennen wir, dass der BMW Dreier Touring der Limousine bis zur B-Säule wie ein Ei dem anderen gleicht – und mit dieser die bekannten BMW-Qualitäten teilt. So fühlt man sich in den Sitzen und im wieder stärker auf den Fahrer ausgerichteten Cockpit sofort zu Hause, nicht zuletzt wohl auch deshalb, da es durch den Längenzuwachs nun vorne und hinten noch mehr Bein- und Ellbogenfreiheit gibt.
Der Spaß beginnt dann aber erst so richtig, als wir den neuen 3er Touring dann endlich in Bewegung setzen. Trotz größerer Abmessungen hat der Bayer nämlich rund 40 Kilo abgespeckt. Dafür wurden zahlreiche Karosserieteile aus hochfesten Stählen gestanzt und der Großteil der Fahrwerkskomponenten aus Alu gegossen. Die Karosserie ist dadurch noch steifer geworden, was mit der breiteren Spur dem 3er Touring zu einem fast schwerelosen Handling verhilft. Mit den ausgezeichneten Bremsen und der präzisen, direkten Lenkung ist das Fahrspaßpaket dann beinahe perfekt; es fehlen nur noch die Motoren.
Der 3er setzt jetzt ganz auf Turbo
Auch hier ist vieles neu im neuen Dreier Touring. So mancher wird zwar die alten Sechszylinder-Sauger vermissen; die Befürchtung, dass es den insgesamt 10 Triebwerken jetzt an Vortrieb mangelt, ist aber unbegründet – der BMW “TwinPower”-Turbo- Technologie sei Dank.
Bei den Benzinern reicht die Angebotspalette der vibrationsarmen Turbomotoren vom 316i mit 4 Zylindern, 136 PS und 220 Nm bis hin zum 332i mit 6 Zylindern, 306 PS und 400 Nm Drehmoment. Bereits der schwächste Vierzylinder zieht dank des früh anliegenden Spitzendrehmoments kraftvoll an und hat die sechs manuell (oder die acht automatisch) schaltbaren Gänge im Nu durch. Der Verbrauch liegt dabei im angemessenen Rahmen: 5,9 Liter sind es laut BMW, wirklich fordern darf man den Ottomotor dann aber nicht.
Die Common-Rail-eingespritzte, laufruhige und agile Selbstzünderfraktion startet beim 316d mit 116 PS – und endet beim 330d mit 258 PS und 560 Nm. Der Sparmeister unter den Dieseln ist aber ohne Zweifel der 320d EfficientDynamics Edition mit 163 PS, der sich mit 4,1 Litern auf 100 km zufrieden gibt.
Fazit: Hochwertig war der BMW 3er Touring ja schon immer; der neue darf jetzt auch ohne jede Einschränkung als vollwertiger Mittelklassekombi bezeichnet werden. (nau)