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100 Jahre AVUS: Steilkurven, Rekorde und Raketenautos

Jeder, auf der A115 vom Grunewald Richtung Berliner Innenstadt unterwegs ist, darf sich als echter Rennfahrer fühlen – ob bewusst oder unbewusst. Denn der Asphalt, der sich unter einem befindet, ist Teil der legendären AVUS. Jener Rennstrecke, auf der von 1921 an Rennsportgeschichte geschrieben wurde. Heute wird sie 100 Jahre alt. MeinAuto.de blickt anlässlich des Jubiläums zurück.

Rennstrecke

© Shutterstock

Der Kaiser will Sieger sehen

Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße, so lautet der ausführliche Name der AVUS. Er geht bereits auf das Jahr 1909 zurück, als sich gutbetuchte Berliner Automobilbesitzer zur Automobil-Verkehrs- und Übungsstraße GmbH zusammenschlossen. Sie sollte dazu dienen, die Misere deutscher Rennfahrer bei internationalen Rennen zu beenden. Zu stark war in jener Zeit die Konkurrenz englischer und französischer Rennpiloten. Das musste sich ändern. Insbesondere der rennsportbegeisterte Kaiser Wilhelm II. wollte deutsche Fahrer auf dem Siegerpodest sehen. So gab er den Anstoß zum Bau einer Trainingsrennstrecke.

1913 begannen die Bauarbeiten, mussten aber nur ein Jahr später jäh unterbrochen werden. Der Erste Weltkrieg durchkreuzte alle Pläne. Erst 1921 gelang es, die Strecke fertigzustellen – mit großzügiger finanzieller Unterstützung des Ruhrindustriellen Hugo Stinnes. Eingeweiht wurde die AVUS dann genau vor heute 100 Jahren, am 24. September 2021, mit einem Autorennen zwischen Berlin und Wannsee. Kurze Zeit später rollte auch der private Verkehr über die nahezu geradlinige Rennstrecke – gegen eine Gebühr von zehn Mark. Dort konnte man sich als Autofahrer sicher sein, nicht mit Pferdefuhrwerken, Fahrrädern oder Fußgängern in Berührung zu kommen.

Opel Avus Geschichte 1921

© Opel

Caracciolas spektakuläre Aufholjagd

Während der krisengeplagten Weimarer Zeit kam das Rennsportspektakel auf der AVUS nur schleppend in Gang. Ein Großereignis stellte aber der 1926 ausgetragene Große Preis von Deutschland dar. Rennfahrerlegende Rudolf Caracciola stellte dabei sein Können unter Beweis, als er beim Start zuerst den Motor seines Mercedes-Benz abwürgte, um anschließend in einer spektakulären Aufholjagd an der Konkurrenz vorbei auf Platz eins zu rasen. Zeitgleich lag aber auch ein dunkler Schatten über dem Rennen: vier Todesopfer waren zu beklagen. Die Konsequenz: der Große Preis von Deutschland wurde ab 1927 auf dem Nürburgring in der Eifel ausgetragen.

Dennoch wurde es nicht still auf der AVUS. Die Strecke war Ort für so manchen Rekord. 1928 erreichte Fritz von Opel mit seinem Opel RAK 2, einem raketengetriebenen Fahrzeug, eine Spitzengeschwindigkeit von damals unglaublichen 230 km/h. Um weitere Rundenrekorde zu ermöglichen, wurde im Nordteil der Strecke eine Steilkurve mit einem Neigungswinkel von 43,6 Grad errichtet. Im Süden sollte ebenfalls eine Steilkurve folgen. Jedoch scheiterte die Umsetzung an den Wirren des Zweiten Weltkriegs.

Opel Avus Geschichte 1921

© Opel

Das Ende der Steilkurve

Nach Kriegsende dauerte es bis 1951, ehe wieder Rennen auf der AVUS ausgetragen werden konnten – die Strecke war von Kriegsschäden nicht verschont geblieben. Leider kam es in der Folge auch zu weiteren tödlichen Rennunfällen. Von der Motorsportbehörde der FIA wurde die Steilkurve als Gefahrenquelle ausgemacht. 1967 wurde sie abgerissen.

Im gleichen Zeitraum nahm der Individualverkehr auf der AVUS immer mehr zu. Dies war insofern problematisch, da bei Rennsportveranstaltungen die Strecke gesperrt werden musste – meist für mehrere Tage. Auch sonst entsprach der geradlinige Hochgeschwindigkeitskurs mit fortlaufender Dauer nicht mehr den Anforderungen des Rennsportzirkus’. Da half es auch nicht, dass die AVUS mehrmals umgebaut und verkürzt wurde. Das letzte Rennen fand dort nach 77 Jahren Rennsporttradition schließlich am 26. April 1998 statt.

Im Schatten des Funkturms

Mittlerweile fahren nur noch private Fahrzeuge über die AVUS. Sie führt vorbei am Berliner Funkturm und mündet in der A100, der  Stadtringautobahn der Bundeshauptstadt. Von ihrer Faszination hat die AVUS bis heute aber nichts verloren – auch wenn der nun 100 Jahre alte Kurs inzwischen ohne Rennspektakel und Steilkurve auskommen muss.

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