Seat Altea Test: praktische Familienkutsche mit Unterhaltungstalent
Für die Familie bringt man gern ein Opfer, auch wenn das beim Auto heißen sollte: Fahrspaß ade, Alltagstauglichkeit juchhe! Seat aber hält von der strikten Trennung von Spaß und Nützlichkeit wenig. Der Kompaktvan des Hauses, der Seat Altea, soll beides können – wir sind gespannt.
Motoren – klein aber fein
Wer Fahrspaß will, der braucht ausreichend Vortrieb, daran führt kein Weg vorbei. Die Motoren allerdings, die Seat im Altea-Regal hat, sehen zunächst nicht gerade danach aus, vor allem seit mit dem 160 PS starken 1.8 TSI und dem 170 PS starken 2.0 TDI die beiden stärksten Aggregate aus dem Angebot gestrichen wurden.
Unter den Benzinern fällt die Rolle des Leitwolfs jetzt dem eher schmächtigen 1,4 TSI zu. Der Vierzylinder-Turbo leistet 125 PS, ab 1.500 Umdrehungen 200 Nm Spitzendrehmoment – und er schwingt den gut 1.400 kg schweren Altea in immerhin 10,3 Sekunden auf 100 km/h. Seine Kraft entfaltet er gleichmäßig und kultiviert, ohne aber Lenker und Insassen in die Sitze zu drücken. Mit 6,5 Litern im NEFZ-Verbrauch ist er jedoch recht sparsam.
Nämliches gilt auch für seinen kleinen Bruder, den 1.2 TSI mit 105 PS und 175 Nm. Das 90-kg-Leichgewicht gibt sich drehfreudig, gut kontrollierbar, laufruhig; und muss sich angesichts des mickrigen Hubraums für seine Sprintqualität – 11,3 Sekunden von 0 auf 100 – nicht schämen. Und der Topspeed von 180 km/h reicht auch für den einen oder anderen Ausflug auf die Autobahn.
Ein fanatischer Fahrspaßprediger ist unter den Benzinern demnach keiner zu finden, wer mehr Leistung will, der muss schon im Selbstzünder-Sortiment wühlen. Hier öffnet das Vortriebs-Spektrum mit dem 90 PS starken 1.6 TDI, der sich laut Seat mit 4,8 Litern begnügen und in 13,8 Sekunden den Standardspurt absolvieren soll.
Wir haben für unseren Test den Altea aber mit dem stärksten Diesel bestückt, dem 2.0 TDI mit 140 PS und 320 Nm. Diese Zutaten sorgen in allen Lebenslagen – ausgenommen das kleine Turboloch im Drehzahlkeller – für kräftigen Schub: in 9,7 Sekunden erklimmt die Tachonadel den Hunderter und in 6,5 Sekunden drückt der 2.0 TDI den Altea im 6. Gang von 60 auf 100 km/h. Mit 6,2 Litern im Testschnitt bedient er sich dafür auch nicht Übergebühr am Tankinhalt.
Handling – ein weiser Kompromiss
Für mindestens ebenso viel Freude wie der 2.0 TDI sorgen im Seat Altea auch die Abstimmung und die Lenkung. Letztere spricht rasch an, ist exakt geführt und vermittelt einen präzisen Kontakt zur Fahrbahn, sodass der Lenker tatsächlich das Gefühl hat zu lenken – und nicht bloß zu reagieren. Erfreulich ist auch, dass die beim Einparken notwendigen Lenkeingaben ohne vorherigen Besuch im Fitnessstudio zu schaffen sind.
Diese Handlichkeit überträgt sich jedoch nicht ganz auf das Fahrgefühl. Mit den weicheren Federn, die Seat dem modellgepflegten Altea spendiert hat, gleitet der Spanier zwar souverän über Stock und Stein, allerdings ist seine einstmalige Kurvengier merklich abgeflaut. In engen, schnell gefahrenen, Kurven neigt der Altea jetzt bspw. spürbar zu Seite, plötzliche Lastwechsel meistert er aber dank ESP mit Bravour – und auch die Bremsen treiben dem sorgsamen Familienvater keine Angstfalten auf die Stirn (Bremsweg aus Tempo 10 knapp 38 Meter).
Alltagsqualitäten: normal oder XL?
Der schiere Fahrspaß wurde im neuen Seat Altea also etwas eingebremst und gegen mehr Komfort und Sicherheit getauscht. Eine weise Entscheidung für ein Familienauto, da ja auch Komfort und Sicherheit Freude machen können.
Diese empfindet die Familie auch, wenn sie sich im Altea vorne wie hinten ungehindert ausbreiten kann. Benötigen die Kinder auf der Rückbank nicht den ganzen Platz, kann diese zudem nach vorn geschoben werden. Damit lässt sich das Kofferraum über das Basismaß von 409 Liter hinaus vergrößern; das Limit für den herkömmlichen Altea sind – bei umgelegter Rückbanklehne – 1.309 Liter. Wer mehr Platz will, der muss dabei nicht gleich zur Konkurrenz von Opel oder VW wechseln, der kann auch zur Streckversion greifen. Der Altea XL offeriert nämlich stattliche 532 bis 1.604 Liter Stauraumvolumen.
Zur Konkurrenz aufschließen, das war zu guter Letzt auch das Motto bei der Überarbeitung des Innenraums. Dabei wurde die Bedienung verbessert, die Verarbeitung verfeinert und das optionale Navi erneuert. Mit dem Klassenprimus der Konzernmutter von VW, dem Touran, kann der Seat Altea zwar noch nicht ganz mithalten; mit einem Preis ab 12.761 Euro braucht er das aber auch nicht. In dieser Hinsicht sieht nämlich der Touran kein Land. (nau)