Kia Stinger im Test (2018): ein Stachel im Fleisch der Coupé-Konkurrenz?
Der südkoreanische Autobauer Kia hat einen erstaunlichen Weg hinter sich. In den 1950ern begann er als Fahrrad-Produzent, mittlerweile ist er zu einem der weltweit größten Autokonzerne aufgestiegen. Ein solcher Erfolg gibt Selbstvertrauen und verleiht Mut, neue Sphären zu erobern: die der gehobenen Mittelklasse zum Beispiel. Mit dem viertürigen Coupé Stinger tritt Kia gegen den VW Arteon, den BMW 4er und Konsorten an. Welche Tugenden er im Gepäck hat, lesen Sie im Testbericht.
Stinger – wahre Größe kommt von innen
Die Größe ist bei Coupés keine Tugend an sich, sondern eine grundlegende Eigenschaft. Die Karosserieform verlangt nach einer stattlichen Statur und die ist ohne ein gewisses Maß nicht zu haben. Dass der neue Kia Stinger mit 4,83 Metern Länge den Audi A5 Sportback um zehn und das BMW 4er Gran Coupé um zwanzig Zentimeter überragt, stellt ihn deshalb nicht über die Konkurrenz. Ebenso wenig ist der VW Arteon mit seinen 4,86 Metern zwangsläufig der neue Coupé-Kaiser. Die äußeren Abmessung ähneln in ihrer Aussagekraft den Größenangaben bei Gemälden: Kunstsinnigen dienen sie als Orientierung – und den Künstlern setzen sie den Rahmen, in dem sie ihre Kreativität ausdrücken können. Die Qualität dieses Ausdrucks ist hingegen von zentraler Bedeutung. Das Design muss sitzen, sonst verschwindet das Coupé wieder von der Bildfläche – eine Erfahrung, die VW mehrfach machen musste. Ist es für den Stinger darob ein schlechtes Omen, dass ein ehemaliger VW-Designer für die Kurven verantwortlich zeichnet? Nein, den Peter Schreyer hat mit dem IVer Golf, dem New Beetle und dem Audi A2 Designrichtmarken gesetzt. Ob ihm das mit dem ersten Kia-Coupé – assistiert von Gregory Guillaume – ebenfalls gelungen ist, bleibt abzuwarten.
Die Perspektiven sind aus unserer Sicht rosig: Der Stinger ist mit seiner feinen Tigernase, seiner langen Motorhaube und seinem kräftigen Schultern und Hüften eine eindrucksvolle Erscheinung. Beim Design aber scheiden sich, wie man weiß, die Geister. Zur Bewertung des Platzangebots existieren hingegen objektive Maßstäbe. Ein Maß ist der Radstand und mit 2,91 Metern ist der Stinger das Maß aller Coupé-Dinge: Der VW Arteon, der A5 Sportback und das 4er Gran Coupé müssen mit zehn Zentimetern weniger auskommen: ein Umstand, der insbesondere auf der Rückbank spürbar wird. In keinem anderen Modell sind die Beine der Fondpassagiere so großzügig untergebracht. Für die Köpfe kann es ab einer Größe jenseits der 3,99 Meter indes eng werden. Selbiges gilt fürs Gepäck. Das Volumen des Kofferraums fällt mit 406 bis 1.114 Litern bescheiden aus: das bezeugt auch der Blick zu den Mitbewerbern. Selbst die kürzeren Coupés von Audi und BMW packen mehr ein (jeweils 480 bis 1.300 Liter); der Arteon von VW gehört mit 563 bis 1.557 Litern einer anderen Transportkategorie an.
Reich ausgestattet – üppig motorisiert
Das Kofferraumvolumen ist aber keine Erztugend eines Mittelklasse-Coupés. Ein ebenso hochwertig wie luxuriös ausgestalteter Innenraum indessen schon – und den hat Kia seinem Stinger spendiert. In der Werksausstattung „GT Line“ schmeicheln den Insassen passgenaue Sitze mit Ledersitzflächen, Lendenwirbelstützen, Sitzheizung und Klimatisierung; dazu ein sportlich kleines Lederlenkrad und ein Lederschaltknauf, Alu-Pedale, eine stimmungsvolle Ambiente-Beleuchtung – sowie ein vollausgestattetes Navi mit 8-Zoll-Touchscreen, Digitalradio, 9 Lautsprechern, Bluetooth-Freisprecheinrichtung und Smartphone-Integration via AndroidAuto und Apple CarPlay. Gegen Aufpreis bzw. in der Topausstattung „GT“ legen die Südkoreaner u.a. ein Premium-Soundsystem von „Harman/Kardon“ oder eine Nappa-Lederausstattung nach. Unser Fazit: Die Verarbeitungsqualität mag einen Hauch hinter der von Audi zurückliegen – der Ausstattungsumfang ist angesichts des Preises aber von höchster Güte.
Wir können uns aus diesem Grund voll und ganz einer anderen Coupé-Kardinaltugend widmen: der gepflegten Fahrdynamik. Erste Voraussetzung dafür: Motoren mit randvollen Leistungsreserven. Der Kia Stinger hat drei kräftige Antriebe zu bieten, zwei davon in der „GT Line“-Ausstattung. Der günstigere und zugleich stärkere der beiden setzt auf vier per Direkteinspritzung versorgte bzw. per Turbo aufgeladene Zylinder und heißt 2.0 T-GDI (Kraftstoffverbrauch: 7,9 Liter auf 100 km, 181 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse C). Mit 255 PS und 353 Nm Spitzendrehmoment, das ab 1.400 Touren anliegt, lässt er das Coupé in sechs Sekunden von 0 auf 100 antreten – und bis maximal 240 km/h beschleunigen. Der Benziner tritt mit seinem Heckantrieb und der 8-Stufen-Automatik in allen Lebenslagen putzmunter auf. Einziges Manko: Der Verbrauch ist entsprechend. Als Option offeriert Kia in der „GT Line“ auch einen Diesel – den 2.2 CRDi Turbo R4-Dieselmotor mit 200 PS und 440 Nm (Kraftstoffverbrauch Heck-/Allradantrieb: 5,6/6,4 Liter auf 100 km, 147/169 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse A/B). Ein Diesel und ein Coupé wollen für uns aber einfach nicht recht zusammenpassen – heute noch weniger als vor einigen Jahren.
Kia-Coupé mit Komfort und Dynamik
Der exklusiv in der „GT“-Ausstattung angebotene V6 3.3 T-GDI mit Direkteinspritzung, Biturbo, 370 PS und 510 Nm passt indessen zum Stinger wie der Stachel zur Biene (Kraftstoffverbrauch: 10,6 Liter auf 100 km, 244 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse F). Wer will, kann mit ihm in weniger als fünf Sekunden auf 100 – und in der Spitze auf 270 km/h beschleunigen. Ebenso gut kann man mit dem Sechszylinder gemütlich durch die Lande streifen: in vollem Vertrauen auf die Sanftmut der Automatik und die Gelassenheit des serienmäßigen Allradantriebs. Im richtigen Modus zeigt sich der Allrad aber auch temperamentvoll und legt vier Fünftel der Leistung auf die Hinterachse. Das adaptive Fahrwerk sorgt für die perfekte Balance von Dynamik und Komfort; die Brembo-Spezialbremsanlage für die nötige Verzögerung.
Das „Drive Mode Selector“-System gewährleistet mit seinen fünf Fahrmodi (Comfort, Sport, Sport+, Smart, Eco) zugleich in allen Stinger-Varianten, dass die Abstimmung sowie das Ansprechverhalten der Lenkung und der Automatik den individuellen Wünschen gerecht werden. Und in puncto Sicherheit? Auch in diesem Bereich genügt Kias Gran Turismo höchsten Ansprüchen. Serie sind das Head-up-Display, die Verkehrszeichenerkennung für Geschwindigkeitsbegrenzungen, die Rückfahrkamera, der Spurhalteassistent und der Frontkollisionswarner. Eine Rundumsichtkamera, einen Querverkehrs- bzw. Totwinkelwarner (RCCW) und einen Spurwechselassistenten gibt es gegen Aufpreis. So gesichert kann man auf freier Bahn schon einmal ein klein wenig über die Stränge schlagen.
Technische Daten des KIA Stinger: | ||
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PS-Anzahl: | min. 200 PS | max. 370 PS |
kW-Anzahl: | min. 147 kW | max. 272 kW |
Antriebsart: | Heckantrieb und 4×4-Allradantrieb | |
Getriebeart: | Automatik | |
Kraftstoffart: | Benzin oder Diesel | |
Verbrauch (kombiniert): | min. 5,6 l/100km | max 10,6l/100km |
CO2-Emission: | min. 147 g/km | max. 244 g/km |
Effizienzklasse: | min. A | max. F |
Abgasnorm: | Euro 6 (grüne Feinstaub-Plakette) | |
Listenpreis: | ab 43.990 Euro | |
Stand der Daten: | 16.04.2018 |
Konkurrenzmodelle
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Fazit zum KIA Stinger Test
MeinAuto.de Redakteur: MeinAuto.de Redaktion |
Mit dem Stinger zeigt Kia eindrucksvoll, dass man auch im gehobenen Segment mit der Konkurrenz aus Deutschland mithalten kann. In puncto Preis-Leistung ist das viertürige Coupé der Konkurrenz von BMW, Audi und VW sogar überlegen – oder anders gesagt: Der Stachel sticht. Bei MeinAuto.de flitzt das viertürige Coupé von Kia ab 38.951 Euro los, gut 13,5% bzw. 5.800 Euro günstiger als vom Hersteller empfohlen.
5 von 5 Punkten