Jeep Gladiator 2021 im Test: Wie gut ist der neue Pick-up auf Wrangler-Basis?
Einen Gladiator hatte Jeep schon einmal im Programm: als Pritschenwagen in den 1960er bis 1980ern. 2019 haben die US-Geländewagenspezialisten, die mittlerweile zum Stellantis-Konzern gehören, den Gladiator neu aufgelegt: als bis zu 5,6 Meter langen Pick-up. Mit dem Wrangler nutzt das neue Modell eine bekannte, bewährte technische Basis. Trotzdem ist der Gladiator der erste Pick-up von Jeep. Ist er zum Kampf mit VW Amarok & Co. bereit?
Inhalte des Testberichts zum Jeep Gladiator:
Jeep Gladiator: Pick-up mit kolossalen Maßen & gewöhnlichen Transportqualitäten
Die Gladiatoren-Kämpfe gelten einigen als der Gipfel der römischen Zivilisation. Andere sehen in ihnen den Anfang vom Ende des römischen Imperiums. Der neue Pick-up Gladiator wird kaum das Ende Jeeps sein – aber er könnte der Anfang einer großen Tradition werden. Bis es so weit ist, steht ihm jedoch ein harter Kampf bevor. Auf dem Markt muss er sich gegen den Nissan Navara und seine technischen Verwandten Renault Alaskan bzw. Mercedes X-Klasse beweisen sowie gegen den Toyota Hilux, den Mitsubishi L200, den VW Amarok und den Ford Ranger. Im Test werden wir den Pick-up ebenfalls hart rannehmen: konkret durch die Stadt, übers Land und durchs Gelände scheuchen.
Bevor wir damit beginnen, müssen wir zuerst herausfinden, wo beim Jeep Gladiator der Anfang, wo das Ende ist. So ohne Weiteres lässt sich das nicht erkennen – wobei das kein versteckter Hinweis auf ein endlos misslungenes Design sein soll. Es ist schlicht so, dass bei der Größe des Pick-ups Anfang und Ende weit auseinander liegen: 5.591 Millimeter, um genau zu sein. Breit ist der Jeep Gladiator 1.894 Millimeter, ohne Spiegel; hoch zwischen 1.843 und 1.905 Millimeter – je nachdem, ob er mit modularem Hard- oder Softtop geordert wird. Eine letzte Zahl noch: Die Achsen stehen 349 Zentimeter auseinander. Ein guter Stand ist bei jeder Herausforderung zentral.
Wie der Wrangler – aber mit Doppelkabine und Ladefläche
Diese vierschrötige Statur ist bei einem Pick-up wie dem neuen Gladiator kein Makel, sondern ein Muss: mit einem zierlichen Transporter kann man im Alltag wenig anfangen. Der Zierlichkeit ist der neue Jeep mit einem Leergewicht von fast 2,4 Tonnen gänzlich unverdächtig. Aber welches Pfund kann der Gladiator stemmen, von dem Jeep sagt, er sei ein Wrangler mit Doppelkabine und Ladefläche. Bleiben wir bei der Ladefläche: Sie ist eineinhalb Meter lang, nahezu ebenso breit und fast einen halben Meter hoch (44,5 Zentimeter); zwischen den Radkästen sind 114 Zentimeter Platz.
Dieses Detail, die Ladefläche mit Ausschnitten für die Radkästen, ist ein Schlüsselelement, das den neue vom alten Gladiator, den Pick-up vom Pritschenwagen unterscheidet. Die Größe der Ladefläche unterscheidet den aktuellen Jeep auch von den Konkurrenten: bei ihnen ist die Fläche tendenziell etwas größer, meist ein paar Zentimeter länger. Ähnlich verhält es sich mit der erlaubten Zuladung. Der Jeep darf maximal 565 Kilo auf die Ladefläche packen, der VW Amarok bspw. fast 900, der Ranger gar über 1,2t. Das positive daran: beim Gladiator muss das Gewicht über einen 89 Zentimeter hohe Ladekante gehievt werden. Angesichts dessen gilt: je weniger desto leichter.
Im Gelände ein Ass – sonst bedingt mit viel Spaß
Die Ladekante des Jeep Gladiator liegt selbst für einen Pick-up ungewöhnlich hoch. VW siedelt die Kante beim Amarok ganze zehn Zentimeter tiefer an. Beim Trio Navara, Alaskan, X-Klasse liegt sie auf einer Höhe von 82 Zentimeter, beim Ranger auf 84 Zentimeter. Bei der erlaubten Zuglast für Anhänger mit Bremse muss sich der Gladiator ebenfalls geschlagen geben. Mehr als 2,8 Tonnen darf er nicht ziehen – ein Renault Alaskan oder ein Ford Ranger darf 3,5 Tonnen an den Haken hängen. Nachdem wir den Pick-up vollgepackt haben, gilt unser erster Besuch der Stadt: keine gute Idee, wie bei den Abmessungen zu erwarten war. Aber in Extremsituationen lernt man sich am besten kennen.
Die Fahrt durch die City ist mit dem Jeep Gladiator zweifellos eine solche. Der Pick-up ist unbeweglich und unübersichtlich wie ein Tanker. Die serienmäßige Rückfahrkamera hilft beim Parken, die optionale Frontkamera ist offroad hilfreicher. Unser Resümee: Bei einem Wendekreis von knapp 14 Metern sollte man sich genau überlegen, welche Gassen man erkunden will. Seine Heimat hat der Gladiator natürlich woanders, am Land und abseits geteerter Straßen. Auf dem Weg dorthin gibt uns das Pick-up eindeutig zu verstehen, dass er ein Kind des Wrangler ist. Wie dieser baut er auf einem Leiterrahmen auf: eine Wonne im Gelände, eine Pein auf öffentlichen Straßen. Der Schmerz hält sich im Gladiator aber in Grenzen. Die spezielle Hinterachskonstruktion und die guten Dämpfer leisten hier Beachtliches.
Jeep Gladiator: mit Allrad bestens durchs Gelände
In ihrem Element sind sie erst im Gelände, in dem sich die Härte des Jeep Gladiator besonders bezahlt macht. Hier kann ihm nur der Ford Ranger folgen. Jeep verbaut das “Command-Trac”-Allradsystem aus dem Wrangler: mit dem vollautomatischen, zweistufigen und aktiven Verteilergetriebe “Selec-Trac”. Dem Verteilergetriebe mit einer Geländeuntersetzung von 2,72:1 assistieren zwei stramme “Dana 44”-Achsen und eine ausgeklügelte Elektronik. Sie kennt gleich fünf Betriebs-Arten. “2H” ist der Hinterradantrieb mit Straßenübersetzung, “4H Part-Time” der zuschaltbare Vierradantrieb für dasselbe Terrain. Bis rund 70 km/h können wir die beiden Modi während der Fahrt wechseln.
In den vollautomatischen permanenten Allradantrieb mit Straßenübersetzung (4H Auto) können wir hingegen jederzeit schalten. Über eine Lamellenkupplung wird das Drehmoment automatisch verteilt. Der Teilzeit-Allrad-Betriebsmodus empfiehlt sich insbesondere dann, wenn man buchstäblich einen Karren aus dem Dreck ziehen will. Im schweren Gelände ist das Umschalten auf den “4L”-Modus angeraten: den permanenten Allradantrieb mit Geländeuntersetzung. Das “Trac-Lok”-Sperrdifferential sorgt für zusätzliche Traktion, mit der “Selec-Speed Control” findet der Gladiator selbst die richtige Geschwindigkeit.
Maße und Antrieb des Jeep Gladiator
All diese technischen Feinheiten würden aber wenig nützen, würde der Gladiator nicht die entsprechende Offroad-Hardware mitbringen. Als Wrangler-Verwandter mangelt es ihm an der natürlich nicht. Die wichtigsten Zahlen: Der Böschungswinkel beträgt vorne 41, hinten 25°, die Bodenfreiheit misst gute 25 Zentimeter, der Rampenwinkel 18,5° und die Wattiefe volle 76 Zentimeter. Nur der Ranger von Ford kommt ähnlich gut durchs Wasser.
Angetrieben wird der Gladiator bei all diesen Aktionen in Europa von einem drei Liter großen V6-Diesel: dem 3.0 l V6 Multijet mit 264 PS, 600 Nm und einem 8-Stufen-Automatikgetriebe (Kraftstoffverbrauch kombiniert NEFZ: 8,8 Liter auf 100 km, 231 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse E). Das 230 Kilo schwere Aggregat hat ein mächtiges Pfund in den sechs Zylindern. Den 0-100-Sprint schafft das Schwergewicht in sportlichen 8,7 Sekunden, in der Spitze wären offiziell 177 km/h möglich. Ausprobiert haben wir es nicht, denn selbst mit dem modularen Harttop wird es im Gladiator bald laut wie im Kolosseum zur Hauptspielzeit.
Jeep Gladiator: oben offen, erstklassig ausgestattet – richtig teuer
So hart sich der Gladiator im Gelände ist, so geschmeidig und sanft tritt sein Innenraum auf. Auf einen Geländewagen oder gar ein Nutzfahrzeug deutet nichts hin. Hier finden sich ab Werk, sprich in der “Overland”-Ausstattung, “Soft Touch”-Oberflächen, ein Premium-Sound-System und ein “Uconnect Smartouch”-Infotainment mit 8 Zoll großem Touchscreen sowie 3D-Navigation. In der “80th Anniversary”-Ausstattung ziehen eine lederbezogene Instrumententafel, Ledersitzbezüge und ein besser gedämmter Dachhimmel ein. Letzteren gibt es jedoch nur für das modulare Hardtop, das aus drei Einzelteilen besteht – nicht aber für einen weiteren Sweetspot des harten Gladiators: das Sunrider-Softtop.
Es lässt sich dank zweier Spannbögen und Gasfeder-Elementen sehr einfach auf- und zuklappen – oben ohne, das ist bei anderen Pick-ups nur auf der Ladefläche erlaubt. Auch bei der Sicherheit fährt der Gladiator schwere Geschütze auf: von der Querbewegungserkennung bis zur teilautonomen Geschwindigkeits- und Abstandregelanlage (Adaptive Cruise Control). Die meisten Menschen dürfte allerdings der Preis umhauen. Mindestens 70.000 Euro kostet der Jeep Gladiator. Andere Pick-ups gibt es schon um weniger als die Hälfte.
Technische Daten des Jeep Gladiator |
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PS-Anzahl: | min. 264 PS | max. 264 PS |
kW-Anzahl: | min. 194 kW | max. 194 kW |
Antriebsart: | 4×4-Antrieb | |
Getriebeart: | Automatik mit manuellem Modus | |
Kraftstoffart: | Diesel | |
Verbrauch (kombiniert): | min. 8,8 l/100km | max. 8,8 l/100km |
CO2-Emission: | min. 225g/km | max. 225 g/km |
Effizienzklasse: | min. D | max. D |
Abgasnorm: | Euro 6 D (grüne Feinstaub-Plakette) | |
Listenpreis: | ab 69.500 Euro | |
Stand der Daten: | 16.07.2021 |
Konkurrenzmodelle
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Fazit zum Jeep Gladiator Test
MeinAuto.de Redakteur: MeinAuto.de Redaktion |
Der Jeep Gladiator ist der eindrückliche Beweis, dass Jeep auch – oder wieder – Pick-ups bauen kann. Dass das neue Modell im Gelände seine große Stärke hat, kommt wenig überraschend. Dass er innen sehr fein, komfortabel und hochwertig eingerichtet ist, schon eher. Die Transporteigenschaften sind nicht überragend, ebenso wenig wie der Straßenkomfort. Und der Preis mag für Interessenten ein heftiger Gladiator-Schlag sein. Bei MeinAuto.de nimmt das Jeep Pick-up ab 57.328 Euro Ladung auf – 19 % respektive fast 13.000 Euro günstiger als gelistet.
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