Dacia Sandero TCe 90 Test: solides Schnäppchen ohne Schnörkel
Autos für Puristen sind rar geworden. Selbst im Segment der Klein- und Kompaktklasse braucht es heute offenbar blinkende und sprechende Infotainment-Systeme und eine Unzahl von stromfressenden Sicherheits- und Komfortassistenten. Mit dem Sandero zeigt Dacia aber, dass es auch anders geht. Wir haben den Kompakten mit dem Topbenziner, dem TCe 90, getestet.
Höherschlagen lässt der Dacia Sandero das puristische Testfahrer-Herz bereits mit seinem schnörkellosen Design. Die seit Anfang 2013 ausgelieferte 2. Generation zeichnet sich durch einfache, klare Linien aus – und die neuen Formelement wie der grobgliedrige Kühlergrill, die ausgestellten Radhäuser und die überarbeiteten Scheinwerfer überzeugen in ihrer funktionalen Schlichtheit.
Solide, funktional, geräumig
Die Funktionalität steht auch im überarbeiten Cockpit im Mittelpunkt. Das ist unscheinbar, ja fast spartanisch eingerichtet, lediglich die Chromring-Imitate um die Mittelkonsole und die Lüftungsöffnungen verleihen ihm ein wenig Glanz. Die Instrumente sind gut ablesbar, die Hupe sitzt nach wie vor im Hebel für den Blinker – und der Fahrer weiterhin im dünn und etwas weich gepolsterten Sitz. Insgesamt ist der Innenraum aber grundsolide verarbeitet.
Dass sich Dacia im Sandero ein Infotainment-System dann doch nicht verkneifen kann, mag für den wahren Puristen ein echter Makel sein. Beruhigen dürfte diesen aber die Tatsache, dass das System bereits ab Werk verbaut, clever konzipiert und einfach zu bedienen ist. Und auch die lediglich 180 Euro Aufpreis für das Navigationssystem hören sich nach einer cleveren Idee an, ebenso wie die optionale Klimaanlage, die in der Topausstattung Lauréate für wohlfeile 590 Euro nachgerüstet werden kann.
Trotz der Infotainment-Anlage fühlen wir uns also recht wohl im Innenraum des Sandero. Das liegt natürlich auch daran, dass der kompakte Dacia mit dem Platz alles andere als knausrig ist. Selbst auf der Rückbank haben drei ausgewachsene Erwachsene genug Entfaltungsmöglichkeiten, lediglich die Polsterung erweist sich auf längeren Fahrten als unkomfortabel. Abhilfe schaffen hier häufige Ruhepausen, denen aufgrund des leichten Aus- und Einstiegs auch nichts im Wege steht.
Hindernisse gibt es hingegen beim Beladen des 320 bis 1.200 Liter großen Kofferraums, da hier zuerst die mit fast 80 Zentimetern ausgesprochen hohe Ladekante überwunden werden muss.
Klein, temperamentvoll und sparsam
Nun ist es bei den Verfechtern der Einfachheit und Schlichtheit ja nicht so, dass sie jeglichem Genuss abgeneigt wären – ganz im Gegenteil, der Genuss sollte lediglich echt und unverfälscht sein. Der TCe 90, der aus der Renault-Motorenschmiede kommt und mit der neuen Generation ins Sandero-Angebot Einzug gehalten hat, sollte diesem Ideal eigentlich recht nahe kommen. Das versprechen wenigstens die Zutaten wie drei Zylinder, Turbolader, Direkteinspritzung und ein 898 Kubikzentimeter “großer” Hubraum.
Und tatsächlich, der Mini-Benziner schiebt mit seinen 90 PS und 135 Nm Drehmoment den rund 1.100 kg schweren kompakten Dacia nicht nur energisch an, er tut dies auch mit einem unverfälschten Trommeln. Dass trotz des winzigen Hubraums der Durchzug so kräftig ist, liegt am Turbo und am kurz übersetzten 5-Gang-Getriebe. Es hackt zwar beim Gangwechseln etwas, aber es verhilft dem Sandero zu guten Sprintzeiten: 7,8 Sekunden sind es zum Beispiel von 0 auf 80 und 11,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h.
Seine Vortriebs-Grenze erreicht der TCe 90 dann bei 175 km/h, seinen Verbrauchsschnitt bei recht passablen, wenn auch nicht puristischen 6,9 Litern.
Sicher und komfortabel
Auch dem Fortschritt steht der Purist nicht grundsätzlich skeptisch gegenüber, solange er nur sinnvoll ist: genau das aber sind die Bemühungen um eine bessere Fahrsicherheit. Im Dacia Sandero II betreffen sie zunächst die Ausstattung, die jetzt serienmäßig vier Airbags und ESP enthält; seitliche Airbags gibt es allerdings auch gegen Aufpreis nicht und vom bzw. mit dem Licht hätten wir gerne mehr gesehen. Verbessert hat Dacia im neuen Sandero außerdem die Bremsanlage. Knapp 38 Meter Bremsweg aus 100 km/h sind gutes Mittelmaß, etwa auf dem Niveau eines Fiat Panda.
Sicher und recht komfortabel ist schließlich auch das Fahrverhalten. Die Federn verrichten ihre Arbeit ordentlich und ausgewogen, die Abstimmung ist neutral und gut beherrschbar, lediglich mehr Beweglichkeit konnte Dacia dem Sandero bisher noch nicht beibringen. Dazu ist insbesondere die Lenkung zu ungenau und gefühlsarm.
Bleibt am Ende noch ein Satz zu des Puristen größter Freude, dem günstigen Preis. Den TCe 90 gibt es für den Sandero zwar nur in Verbindung mit der reich ausgestatteten Top-Ausstattungslinie Lauréate, dafür ist aber nicht nur die Ausstattung, sondern auch der Preis top: Auf MeinAuto.de beginnt dieser für den Neuwagen bei 10.478 Euro. (nau)