MINI Countryman Electric (neues Modell)

Der MINI Countryman III, so hat es den Anschein, will in allen Belangen und auf allen Terrains brillieren. Den Aufstieg ins Kompakt-Segment begeht das SUV mit einer breiten Antriebsfront: neben Diesel und Benzinern auch mit zwei E-Antrieben. Der stärkere heißt MINI Countryman SE All4. Er will nicht nur mit seiner Dynamik, sondern auch im Gelände glänzen. Ob er dem großen Bruder BMW iX1 folgen kann? Unser Testbericht zeigt's.

Zwei fremderregte Synchronmotoren sorgen für 313 PS und Allradantrieb

Mit dem dritten Countryman zieht MINI in die Klasse der Kompakt-SUVs ein. Der Drive wird auf Wunsch rein elektrisch generiert. Beim MINI Countryman E dreht eine Synchronmaschine mit 204 PS und 250 Nm an den Vorderrädern. Beim MINI Countryman SE All4 sind zwei E-Motoren am Werk: eine an jeder Achse – zusammen erzeugen sie 313 PS und 494 Nm (Kraftstoffverbrauch kombiniert WLTP: 16,8 – 18, kWh Liter auf 100 km, 0 g/km CO2 und Energieeffizienzklasse k.A.).

Bei der Countryman SE werden MINI-Kenner aufhorchen. Einen MINI Countryman SE gab es bereits in der zweiten Generation. Er wurde allerdings von einem rund 220 PS starken Plug-in-Hybrid angetrieben. Zugeliefert wurde er von BMW; die Mutter hatte ihn zum Beispiel im 2er Active Tourer im Einsatz. Der elektrische Antrieb des aktuellen MINI Countryman SE All4 kommt ebenfalls von BMW: konkret vom iX1.

Begeisternde Fahrleistungen, erstaunliche Effizienz

Im BMW iX1 läuft dieser E-Antrieb unter der Bezeichnung xDrive30. Dort wie hier, sprich beim MINI Countryman SE All4, steuern zwei fremderregte Synchronmaschinen die Antriebsleistung bei. Sie glänzen bei BMW seit geraumer Zeit: mit ihrem geringen kritischen Ressourcenaufwand und mit ihrer Effizienz. Im SUV der Tochter beobachten diese Stärken erneut. Im Schnitt kommt das elektrische MINI-SUV – trotz Allradantrieb und Leistung im Überfluss – mit 19 bis 20 kWh Strom aus: Ladeverluste inklusive.

Trotz einer relativ kleinen Batterie – 65 kWh – beträgt die Reichweite 432 Kilometer. Dabei nehmen wir den MINI Countryman SE auf unseren Fahrten durchaus ran. Zu verlockend ist sein Antritt, zu verführerisch seine Fahrdynamik. Den 0-100 Sprint wischt der MINI in 5,6 Sekunden von der zentralen “MINI Interaction Unit” – gefühlt sind es eher vier. Dass das SUV leer beinahe 2,1 Tonnen wiegen soll, wir können es kaum glauben: doch es ist so. Trotzdem ist jeder Überholvorgang ein genussvolles Gegeneinander: von Gesetzestreue und Jagdtrieb.

Go-Kart-Fahrdynamik auf den Punkt gebracht

Steigern können wir den Genuss nur, wenn wir mit dem MINI Countryman SE All4 die Gerade verlassen – und uns in die Kurven legen. Dann wird aus dem Genuss ein Spaß wie man ihn von der Gokart-Bahn kennt. Der lange Radstand von 2,69 Metern und die dezente verbreiterte Spur sind der Nährboden des Fahrvergnügens. Auf geht die fahrdynamische Saat dank: des tiefen Schwerpunkts, des gut austarierten Gewichts – und einer Fahrwerksabstimmung, die auf den Punkt gelungen ist.

Den Punkt darf man bei MINIs elektrischem Allrad-Crossover wörtlich nehmen. MINI selbst spricht von einer punktuellen Abstimmung der Lenkung; und von auf den Punkt abgestimmten Dämpfern mit vorgespannten Stabilisatoren. Das Bild vom Punkt beschreibt die Präzision von Fahrwerk und Lenkung perfekt. Raum für eine individuelle Abstimmung und einen variablen Federungskomfort bleibt auch: mit dem 15 Millimeter tiefer gelegten Adaptiv-Fahrwerk.

Vier Trims als Ausstattungsniveaus: alle sind Allwege-, aber keines geländetauglich

Besonders zu empfehlen sind die variablen Dämpfer für den MINI Countryman SE All4 mit dem optionalen 19- oder 20-Zöllern. Unsere Stimmung ist mit ihnen auf dem Höhepunkt der Testfahrt. Die optische Untermalung durch die “Experience Modes” bräuchten wir nicht – andere lieben diese MINI-Extravaganzen. Die verschiedenen “Trims” sind bei einem MINI ein Muss. Vier Niveaus stehen zur Wahl. Neben der Basisausstattung “Essential Trim” sind das: der “Classic Trim”, der “Favoured Trim” und der “John Cooper Works Trim”.

Wirklich geländegängig ist der elektrische Allrad-Countryman in keinem dieser Ausstattungsniveaus. MINI verzichtet auch auf die typischen Angaben für Geländewagen: Böschungswinkel, Wattiefe etc. Hier folgt man dem Pfad des BMW iX1. Dennoch zeigt der Test: Der Countryman SE All4 mag kein Kletterer sein, mit Schotterpisten oder sanften Grasnaben hat er keine Schwierigkeiten. Keine eklatanten Probleme fallen uns auch bei der Durchforstung der Serienausstattung auf.

Starke Serienausstattung eines einmalig digitalisierten Innenraums

Immer an Bord sind im Countryman SE All4 eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel – und das MINI-Navigationssystem mit Sprachbedienung sowie kabelloser Smartphone-Integration. Das Laden ohne Kabel beherrscht das SUV ab dem “Essential Trim” ohne Aufpreis. Was im Countryman in allen Trims und Ausführungen fehlt, ist ein Kombiinstrument. Alle Infos und alle berührungsempfindlichen Bedienschritte laufen über die “MINI Interaction Unit”.

Gemeint ist damit der kreisrunde, erstaunlich dünne und 24 Zentimeter großer OLED-Touchscreen über der Mittelkonsole. Diese Konfiguration ist extravagant, aber gewöhnungsbedürftig. An einige Eigenheiten des Bedien- und Anzeigenkonzepts konnten wir uns im Test nie gewöhnen. Verschiedene Bedienfelder und Anzeigenbereiche versuchen zwar Ordnung in die Fülle zu bringen; für uns bleibt der Touchscreen dennoch überfrachtet. Außerdem reagiert er hin und wieder zögerlich auf Touch-Eingaben.

Bedienung und Anzeige mit Schwächen -Platzangebot und Stauraum als Stärken

Die versprochene Bedienlogik eines Smartphones bietet der Min Countryman SE All4 deshalb nur teilweise. Auch der Ersatz für das digitale Instrument, das optionale Head-up-Display überzeugt nur bedingt. MINI verbaut leider die kostengünstigere Variante mit Glasscheibe – die Infos werden also nicht direkt ins Blickfeld des Fahrers projiziert. Was uns ausgesprochen gut gefällt ist der Recycling-Stoff, mit dem das Armaturenbrett bezogen ist.

In so mancher verborgenen Ecke ist die Materialqualität hingegen eher mittelprächtig; offen tritt dieser Makel an der Türverkleidungen und den Armlehnen zutage. Das Platzangebot ist hingegen frei von Mängeln. Für ein 4,45 Meter langes Kompakt-SUV ist der MINI sehr geräumig. Gut gefällt uns auch die Höher der Sitze: sie sind hoch, aber nicht zu hoch. Im Fond erwartet uns eine Rückbank mit Lehen, die sich dreiteilig umklappen – und in der Neigung verstellen lasse.

Sicherer Begleiter und ein passables Zugfahrzeug

Die Möglichkeit, die Rücksitze längs zu verschieben, versagt MINI dem MINI Countryman Electric; sie gibt es nur für die Verbrenner. Beim Kofferraumvolumen und der Anhängelast macht der elektrische Mini keine wesentlichen Abstriche. Der Gepäckraum hat ein Volumen von 460 bis 1.450 Liter. Zum Vergleich: Der Mercedes EQA bietet 340 bis 1.320 Liter, der Volvo EX40 410 bis 1.286 und der Kia Niro EV 475 bis 1.392.

Ein Hänger darf beim MINI Countryman SE All4 maximal 1,2 Tonnen wiegen, will er nicht hängen gelassen werden. Behilflich ist beim Hängerziehen der Anhängerassistent. Dem Fahrer greift das elektrische MINI-SUV ebenfalls tatkräftig unter die lenkenden Arme – serienmäßig zum Beispiel mit: einem Notbremsassistenten, einem Spurwechselhelfer, einem Totwinkelwarner – und einem Park-Assistenten mit aktiver Abstandskontrolle. Teilautomatisierten beherrscht der Countryman SE ebenfalls; das allerdings erst gegen Aufpreis.